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Tzvetan Todorov ist gestorben

Der bulgarisch-französische Gesellschaftsanalyst, Literatur- und Sprachtheoretiker Tzvetan Todorov verstarb wenige Tage vor seinem 78. Geburtstag.

Todorov wurde 1939 in Sofia geboren. Mit 23 Jahren verließ er Bulgarien und ging nach Paris, wo er bis zu seinem Tod lebte. Todorov lehrte an zahlreichen Universitäten, so an der New York University, der Columbia University, der Harvard University, der Yale University und der University of California, Berkeley. Er erhielt mehrere Preise und Auszeichnungen, war Mitglied der American Philosophical Society und der American Academy of Arts and Letters sowie Offizier der französischen Ehrenlegion.

Jürgen Straub würdigt Tzvetan Todorov in seinem Nachwort zur Neuauflage von »Abenteuer des Zusammenlebens«, das wir anlässlich des Todes von Todorov hier veröffentlichen.



Mensch zu sein will Anerkennung
– Tzvetan Todorovs anthropologischer Versuch über die Conditio humana (1)


»Es gibt kein Glück außerhalb der Liebe, doch die Liebe ist sterblich.«
Tzvetan Todorov

Wohl kaum eine der unvergänglichen Fragen erscheint uns ›natürlicher‹ als jene nach dem spezifisch Menschlichen an unserem Dasein. Auch wer davon Abstand genommen hat, seinesgleichen eine ›absolute Sonderstellung‹ im hierarchischen Reigen der Gattungen zuzuschreiben, wird nicht auf Unterscheidungen verzichten wollen. Unter den Antworten, die das Eigentümliche der ›Conditio humana‹ zu erfassen versuchen, gibt es bekanntlich einige, die die Tätigkeit des Unterscheidens selbst mit ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken. Die Fähigkeit zumal, Unterschiede nicht nur wahrnehmen und festlegen, sondern auch reflektieren, modifizieren und begründen zu können, zeichnet den Menschen aus. Menschen unterscheiden unentwegt, und sie tun dies in verschiedenen sensorischen Registern und mit allen verfügbaren Mitteln der Vernunft. Sie unterscheiden sich tagtäglich voneinander und sie heben sich alle miteinander von anderen Lebewesen ab – ohne dabei unbedingt anthropozentrisch werden und sich an die Spitze der Geschöpfe im ›Garten Eden‹ setzen zu müssen, obwohl gerade dies in vielen Anthropologien zweifellos der Fall war (und noch immer vorkommt).

Eine weitverbreitete, keineswegs nur in den Kulturen des Abendlands geläufige Antwort auf die Frage nach dem spezifisch Menschlichen am Menschen hebt darauf ab, dass die Orientierungs- und Handlungsfähigkeit des »interpretierenden Tiers« (Friedrich Nietzsche) ein außerordentlich komplexes Symbolsystem voraussetzt. Der Mensch als ›Animal symbolicum‹ (Ernst Cassirer) müsse, so heißt es allenthalben, zuvorderst von seinem ›Sprachvermögen‹ her aufgefasst werden (obwohl weder Nietzsche noch Cassirer die Symbolisierungsfähigkeit auf dieses Vermögen reduzierten, sondern die an leibliche Ausdrucks- und Wahrnehmungsleistungen gekoppelte, ›präsentative‹ Symbolik zu Recht schätzten und würdigten: Menschen verlassen sich eben auch auf ihr ›leibliches‹ Gedächtnis und Gespür; sie verständigen sich mit Gebärden und Gesten aller Art). Wohl niemand wird es bestreiten: Der Mensch ist nicht allein, aber doch auch ein Lebewesen, das, ist es erst einmal über ein bestimmtes Alter hinaus, in der Sprache zu Hause ist. Zwar wird der Mensch just in diesem Zuhause niemals mehr ganz heimisch, ermöglicht doch gerade das Sprechen jene reflexive Abstandnahme, die der Unmittelbarkeit des bloßen Draufloslebens einen kräftigen Strich durch die Rechnung macht. Wer zu sprechen vermag, kann sich – im Prinzip von allem und jedem – distanzieren, auch vom eigenen Selbst. Das eröffnet ungeheure Möglichkeiten, versagt aber auch ein unverbrüchliches Sich-heimisch-Fühlen. Der mit dem Sprachvermögen verwobene Verlust an Vertrautheit und Geborgenheit verschafft zugleich eine verlockende Erweiterung des Horizonts. In anderen Worten: Menschen können ›sich selbst ernst nehmen‹ (Frankfurt, 2007), sie können also fragen, was sie mit ihrem Leben denn eigentlich anstellen wollen, was sie in der Vergangenheit daraus gemacht haben und was sie künftig noch so vorhaben.

Erst sein Sprachvermögen, das in tausend verschiedenen Sprachen Gestalt annehmen kann, gewährt dem Menschen die Freiheit, sein Leben, zumindest in den Grenzen des Menschenmöglichen, selbstständig zu führen. Traditionell gilt als höchstes Prinzip einer autonomen Lebensführung die Vernunft. Der Mensch ist, wie die althergebrachte Bestimmung lautet, das ζῷον λόγον ἔχον (zõon lógon échon), das ›Animal rationale‹ – obschon unser aller Existenz auch noch auf eine »Sprache des Herzens« hört, in der wir unserer »Befähigung zur Liebe« Ausdruck verleihen können (Frankfurt, 2007, S. 1). Das ist zumal in einer sozialen Praxis, in der die wechselseitige Anerkennung von verschiedenen Menschen und ihren mitunter heterogenen Lebensformen auf dem Spiel steht, ebenso wichtig wie die »Direktiven des Kopfes«. Wir wollen in dieser Praxis einigermaßen ›richtig liegen‹, schreibt Frankfurt, und das heißt auch: Wir möchten möglichst gut miteinander auskommen, voneinander lernen und aneinander wachsen können: »Von der Vernunft und der Liebe – den Direktiven von Kopf und Herz – erwarten wir, dass sie uns am effektivsten dabei helfen können, dieses Ziel zu erreichen« (ebd., S. 16).(2) Im Übrigen kann man ganz generell sagen – und dadurch den gerade in den abendländischen Kulturen vielleicht noch immer allzu leicht überhandnehmenden Logozentrismus in seine Schranken verweisen –, dass Menschen in ihrem Leben und Streben durch das »Andere der Vernunft« (Böhme & Böhme, 1983) ebenso stark geprägt sind wie durch die rationale Orientierung am Wahren, Guten und Schönen.

Wir wissen heute um die Mängel und Grenzen jeder logozentrischen Antwort auf die Frage nach der ›Conditio humana‹. Selbst wer Sprache und Vernunft als Vermögen betrachtet, die differenziert bestimmt und im Übrigen nicht einfach einer vorsprachlichen und arationalen Leiblichkeit gegenübergestellt werden können, hat noch keine Garantie dafür, dass er den richtigen Weg eingeschlagen hat und zum ›Kern des Menschlichen‹ vordringen wird. Todorov bestreitet die Bedeutung der Sprache und Vernunft für eine triftige Artikulation der ›Conditio humana‹ keineswegs. Und doch setzt er ganz anders, man möchte sagen: viel tiefer an, als es eine auf das Sprach- und Vernunftvermögen konzentrierte Anthropologie je könnte. Dazu denkt Todorov den Menschen eben nicht vornehmlich von seinen spezifischen Vermögen und Leistungen, sondern eher von dem her, was er so sehr braucht und worum sich folgerichtig in jedem Leben fast alles dreht: Anerkennung, so lautet Todorovs Schlüsselwort, mit dem er sich den Grundstrukturen unserer Existenz nähert. Selbstverständlich sind Anerkennungsverhältnisse in eine menschliche Welt eingebettet, die als sprachliche und sprachlich vermittelte Praxis eines Lebewesens begriffen werden muss, das ein reflektiertes Verhältnis zu sich selbst, zu seinesgleichen und seiner Umwelt ausbildet und sein Leben auf dieser Grundlage zu führen bemüht ist. Erfahrene oder versagte Anerkennung prägt den Heranwachsenden jedoch, und zwar lange bevor dieser imstande ist, Worte zu vernehmen, zu verstehen und selbst auszusprechen, von der Rezeption, Reflexion und Produktion komplizierterer Äußerungen und symbolischer Ausdrucksgestalten gar nicht zu reden.

Um Anerkennung geht es, so Todorov, in jedem menschlichen Leben von Anfang an – und bis zu seinem Ende. Darüber vermag nichts und niemand, auch keine der klassischen Antworten auf die Frage nach der ›Conditio humana‹, hinwegzutäuschen. In gewisser Hinsicht bricht Todorov mit der Mehrzahl dieser Antworten, den neuzeitlichen zumal, radikal. Was er nämlich vehement ablehnt, ist der implizite Individualismus oder Solipsismus und dessen normative Auszeichnung, die mit der Abwertung und Ablehnung des anderen und der Vorstellung des von anderen abhängigen, in Gemeinschaft und Gesellschaft lebenden Menschen einhergeht. Aus der traditionellen Miss- und Verachtung des anderen wird in den Händen Todorovs ein Plädoyer für jene Aufmerksamkeit, Achtung und Anerkennung, ohne die jedes menschliche Antlitz den Ausdruck des Lebendigen verlöre. Die für viele Philosophen und Wissenschaftler – seltener für Philosophinnen und Wissenschaftlerinnen – so hehre Vorstellung nicht bloß elitärer, sondern solitärer Gipfel der Unabhängigkeit und einsamer Größe, die das »sich selbst verwirklichende« Subjekt im unentwegten Kampf gegen den Rest der Welt erkämpft und bewahrt, erscheint Todorov als empirisch haltloser, verführerischer und fader Mythos oder auch als ideologisches Phantasma, das einzelne reihenweise in eine sinnlose Jagd nach Unerreichbarem verwickelt – und sie dabei um jenes Glück betrügt, welches allein das Abenteuer des Zusammenlebens bieten kann.

Dort, in den unlösbaren psychosozialen Abhängigkeiten und den praktischen Interdependenzen, liegen die Quellen von Erfahrungen, die zur Bestimmung eines jeden Menschen gehören – lange bevor ein einzelner »ich« zu sagen vermag oder gar »ich denke«! Letztlich bleibt dem Menschen, so hat es Norbert Elias einmal gesagt, nichts als der Mensch. Dieses »letztlich« hat dabei keinen temporalen Sinn (auch wenn vielen diese Tatsache spät, allzu spät gewahr wird): Die Einsicht, dass die Menschen in einem nicht marginalen Sinn unweigerlich aneinander gebunden und von der Achtung und Anerkennung des anderen abhängig sind, gilt, phylogenetisch und ontogenetisch betrachtet, ohne jede zeitliche Einschränkung. Das erste und letzte Wort im Leben eines Menschen hat nicht er selbst. Das völlige Verschwinden der anderen aus dem eigenen Leben käme einer radikalen ontologischen Verunsicherung, letztlich einer Nihilierung des Selbst gleich. Das war und ist immer und überall so. Und daran wird sich auf absehbare Zeit auch nichts ändern – nicht einmal in einem allenthalben imaginierten, post- oder transhumanistischen Zeitalter. Anerkennung ist und bleibt das Schlüsselwort für die zutiefst soziale Existenz von Menschen, die dank ihrer komplexen Symbolsysteme hochgradig differenziert und sensibel aufeinander reagieren können. Die subtilsten Zeichen und leisesten Anzeichen versagter Anerkennung können hier zu Verletzungen geraten, die die missachteten oder verachteten, verkannten oder einfach nicht wahrgenommenen Personen empfindlich treffen. Das gilt nicht nur in Zeiten der Not, in denen Menschen in besonderer Weise auf andere angewiesen und von ihnen abhängig sind. Es gilt immer und überall, von den Kindheitstagen bis zum letzten Atemzug des oder der Sterbenden. Anerkennung ist zwar nicht alles, worauf es im menschlichen Leben ankommt, aber ohne Anerkennung ist letztlich alles nichts. Das ist für Todorov eine unumstößliche Erfahrung und universale Einsicht.

Wer heute eine Behauptung mit allgemeinen Geltungsansprüchen verknüpft, muss mit Skepsis und sogar damit rechnen, dass seine Ausführungen allein wegen dieses Anspruches mit leichter Hand vom Tisch gewischt werden. Egal, wie gelehrt, scharfsinnig und neunmalklug einer dann noch daherreden mag: Der Anspruch, über und für alle Menschen zu sprechen, hat, so flüstert uns der Zeitgeist auch noch des jungen 21. Jahrhunderts zu, noch jedes philosophische, sozial- und kulturwissenschaftliche Unternehmen blamiert. »Allgemeine Anthropologie – nein danke!«, so scheint es aus allen Ecken und Enden zu tönen,(3) und wenn schon Anthropologie, dann wenigstens »historische«, »kulturelle«, »soziale« oder, zur Not, auch »philosophische« Anthropologie, insofern sich alle diese Spielarten von vornherein zu ihren standort- und perspektivenabhängigen Grenzen bekennen. Der über seine eigenen Anmaßungen und Fehltritte aufgeklärte philosophisch-anthropologische Diskurs der neuzeitlichen, okzidentalen Welt unserer Tage spricht dann eben vom »Menschen, der wir sind«, also etwa vom modernen Menschen der durch Wissenschaft, Technik und Industrialisierung geprägten (westlichen) Welt (Böhme, 1985; Kamlah, 1973). Diese Bescheidenheit signalisiert Geschichtsbewusstsein und Sensibilität für die mitunter abgrundtiefe Verschiedenheit der Kulturen, ihre in keinem universalen Sprachspiel aufzuhebende Heterogenität.

Todorov ist diesbezüglich etwas weniger zurückhaltend. Er kündigt bereits im Untertitel des Buches und sodann noch einmal im ersten Absatz an, dass er sich ganz aus der Reserve hat locken lassen: Jede allgemeine Anthropologie formuliert eine komplexe Vorstellung, »die man sich vom Menschen als Gattungswesen macht und die den verschiedenen Gebieten der Humanwissenschaften, den moralischen oder politischen Diskursen sowie der Philosophie zugrunde liegt« (S. 7). Nicht eben bescheiden, dieses Programm einer auf das weite Feld der Philosophie und »Menschenwissenschaften« zugeschnittenen Kritik impliziter Definitionen des Humanen einerseits, einer universell gültigen Artikulation der ›Conditio humana‹ andererseits. Man darf jedoch gleich hinzufügen, dass Todorov zu jenen wahrlich interdisziplinär arbeitenden, mit großer Souveränität Grenzen überschreitenden, theoretische Perspektiven integrierenden und methodische Verfahren wechselnden Gelehrten gehört, denen man ein derartig ambitioniertes Projekt zutraut. Berühmte Studien wie »Die Eroberung Amerikas: Das Problem des Anderen« (Todorov, 1985) oder »Angesichts des Äußersten« (Todorov, 1993) sowie dutzende weiterer Bücher begründen dieses Vertrauen und machen neugierig auf das »Abenteuer des menschlichen Zusammenlebens«.

Der Essay, in dem der Autor sein Programm einer allgemeinen Anthropologie der Anerkennung einzulösen versucht, ist ein Meisterstück. Eindrucksvoll ist unter anderem, wie gut es jemandem gelingen kann, eben nicht bloß Etiketten wie »Interdisziplinarität« oder »Transdisziplinarität« auf ein Fähnchen zu schreiben, das schon bei einem aufkommenden lauen Lüftchen in alle Winde verweht. Todorov arbeitet und denkt ohne jede Rücksicht auf konventionelle disziplinäre Grenzziehungen und erklärte Zuständigkeiten (obwohl er natürlich weiß, wann und warum und wozu er das Feld wechselt). Dabei schreibt er in einer ungemein ansprechenden, klaren Sprache, die keine terminologischen Verrenkungen und geheimnisvollen Spezialdiskurse kennt. Erneut glückt ihm der Nachweis, den er bereits in anderen Schriften in außergewöhnlicher Weise zu erbringen vermochte: Wissenschaftliche oder pseudowissenschaftliche Jargons sind noch längst kein Zeichen intelligenten wissenschaftlichen Denkens. Der Seitenhieb gegen jene Kollegen, welche ihre berufliche Laufbahn ganz der bisweilen etwas ulkig wirkenden Anstrengung verschrieben zu haben scheinen, einen Jargon adaptieren und beherrschen zu können, darf freilich nicht davon ablenken, dass Todorov seine Anthropologie im Gespräch mit den spezialisierten Disziplinen entwickelt. Ihnen das Existenzrecht abzusprechen, käme ihm ebenso wenig in den Sinn wie die Entwicklung einer allgemeinen Anthropologie, die nicht die neuesten Erkenntnisse der Philosophie und der empirischen Wissenschaften integriert hätte.

Nicht genug, dass Todorov zwischen den Disziplinen hin- und hergeht, wie es ihm gerade angebracht und nützlich erscheint. Er hält auch nichts von Grenzen zwischen Diskursgenres und bezieht sich auf die schöne Literatur, wie es ihm beliebt. Auch literarische Werke sind eben eine Fundgrube für denjenigen, der der ›Conditio humana‹ auf die Spur kommen will, unbeschadet der Tatsache, dass es naiv wäre, der Literatur einen Charakter zuzuschreiben, wie ihn (unmittelbar) referenzielle (empirische) Aussagen besitzen. Die innovative Kreativität der poetischen Sprache führt bisweilen zu Einsichten, um die sich der wissenschaftliche Diskurs, einschließlich des philosophischen, vergeblich bemüht, solange er sich als bloßes Gegenteil literarischer Einbildungskraft (miss-)versteht. Solche Einsichten sind auf den evozierenden Wortgebrauch der Literatur sowie auf ihre Geschichten und Beispiele dringend angewiesen.

Todorov ist kein Provokateur. Er überschreitet traditionelle Grenzen der Forschung und des Denkens, sobald es die interessierende Sache nahelegt, vielleicht unumgänglich macht. Warum sonst sollte man die Mühe auf sich nehmen, in Fachgebiete auszuschweifen, aus denen man nicht kommt und in denen man nicht (gleich) zu Hause ist, im Falle Todorovs also vor allem ins Feld der Psychoanalyse (sozialer Beziehungen) und der Psychologie, speziell der Entwicklungspsychologie des Kleinkindes. Vor diesen Ausflügen in die empirischen Disziplinen, die den allgemeinen Anthropologen mit Beobachtungen und theoretischen Anregungen versorgen sollen, wirft der Autor einen Blick zurück auf die Geistesgeschichte der okzidentalen Welt (sodass sein anthropologischer Entwurf, das muss man sagen, schon ein wenig eurozentrisch, in den Grenzen der ›westlichen Welt‹ beheimatet bleibt). Was er dort sieht, klassifiziert Todorov in der überwiegenden Mehrheit als Spielarten jener »asozialen Denkströmungen«, welchen er in seinem Buch das Wasser abgraben möchte.

Uns allen ist die Vorstellung der egoistischen, aggressiven, destruktiven Natur des Menschen geläufig. Philosophische und wissenschaftliche Texte präsentieren überaus häufig ein Menschenbild, das von der Notwendigkeit menschlichen Zusammenlebens kurzerhand absieht (oder diesen Zug der menschlichen Natur zumindest drastisch unterschätzt und unterbelichtet lässt). Diese schlechte Abstraktion findet sich, wie Todorov zeigt, bei den bedeutenden Moralisten der französischen Klassik, die zwar sehen, dass das wirkliche Leben sozial verfasst ist, dafür aber auch – gerade wegen dieser Sozialität – von allerlei Illusionen, Täuschungen und Betrugsmanövern durchtränkt. Das erstrebenswerte, hehre, ideale, wahre – und im Grunde genommen »wirklichere« – Dasein findet dagegen in einsamer Höhe statt. Es ist freilich nur gottähnlichen Wesen möglich, die der oberflächlichen und schnöden Welt der anderen, in der sich das Gerede und die Eitelkeiten in die Hände arbeiten, radikal entsagen. Das ist zugestandenermaßen schwer, jedoch, so glauben viele, durchaus möglich und am Ende lohnenswert. Montaigne, La Bruyere, Pascal stoßen ins selbe Horn, wenn sie »die erste individualistische Konzeption« des Menschen propagieren.

Wirkungsmächtiger waren freilich die (politischen und psychologischen) Stimmen eines Machiavelli und Hobbes, die als »emblematische Vertreter« individualistischen Denkens gelten dürfen: Der Mensch ist ein Einzelgänger und Egoist, der die anderen allenfalls braucht, um sie für seine Zwecke benutzen zu können. Alles Anderslautende sei Schein und Heuchelei, ein strategischer Tribut an die herrschende (christliche) Moral. »Selbstgenügsamkeit und Autarkie«, das ist für diese Autoren kein bloßes Ideal mehr, sondern nackte Wirklichkeit: Davon kann und muss ausgegangen werden, wird behauptet. Wer dem egoistischen Streben im Weg steht, wird zu spüren bekommen, was die (angeblich) allgemeine Erfahrung seit Langem lehrt: Homo homini lupus est. Das sei ein bis heute eingeschliffenes, in psychologischen und politischen Theorien fest verwurzeltes Vorurteil, diese amoralische Auffassung des Menschen – so konstatiert Todorov lapidar. Die Mehrzahl aller impliziten Anthropologien teile die Vorstellung vom Menschen als einem solitären Wesen, dem angeblich nichts so feindlich gesinnt ist wie der Nächste. Ein Heer aus asozialen, selbstsüchtigen Egozentrikern und Egoisten, allesamt nur auf den eigenen Vorteil und die Maximierung des persönlichen Nutzens aus: So erscheint die Menschheit im Denken der Philosophie und Humanwissenschaften, egal, ob sodann dafür plädiert wird, diese menschliche Natur und Neigung zu bändigen, zu zügeln, Gesetzen und Regeln zu unterwerfen und in sozialverträgliche Bahnen zu lenken (z.B. von Hobbes, La Rochefoucauld, Kant), oder ob der selbstsüchtige, rücksichtslose Hedonist, der seine aggressiven und destruktiven Potenziale hemmungslos gegen die anderen einsetzt, in Lobliedern auf den »Starken« glorifiziert und verherrlicht wird (zum Beispiel bereits bei den Enzyklopädisten und Materialisten: Helvetius, Diderot, Holbach; sodann freilich bei den Apologeten asozialer Exzesse im Dienste einer als brutale Selbstentgrenzung angelegten Selbstverwirklichung und Selbsterkenntnis: de Sade, Nietzsche, Bataille).

Der Mensch erscheint hier und in aller Regel als Wesen, das den anderen lediglich, ja bestenfalls, erträgt (und notgedrungen vielleicht sogar seine Gesellschaft sucht), weil und insofern er für die Erfüllung eigener, selbst-, herrsch- und habsüchtiger Interessen nützlich, in gewisser Weise unabdingbar ist. Erfüllte der andere diesen Zweck nicht, bestünde kein Grund und keinerlei Notwendigkeit, sich gesellig zu geben. Der andere wäre abkömmlich. Todorov braucht nur wenige Zeilen, um darzulegen, wie sehr diese ganze Argumentation in der Luft hängt und von Ängsten zehrt, mit denen sie fest rechnet. Er macht klar, dass sich heute niemand mehr beeindrucken lassen muss von der über Jahrhunderte hinweg gängigen und effektheischenden Strategie angeblich nüchterner, rationaler »Aufklärer«, welche die Natur der bösen Einzelgänger unerschrocken erkannten und anerkannten, ohne zu den als naiv gebrandmarkten Illusionen vom ›guten Menschen‹ Zuflucht zu nehmen. Die Argumentationsstrategie ist bekannt: Schon Hobbes zeichnet zunächst ein Bild sozialer Beziehungen, das (ziemlich unrealistisch) ganz durch »Großherzigkeit und Nächstenliebe« geprägt ist. Damit ist der Popanz geschaffen, der gebraucht wird: Dann nämlich »beginnt man in einem zweiten Schritt mit der Desillusionierung und reißt der Tugend die Maske herunter. Diese Geste ist für uns umso überzeugender, als sie eben nicht als Schmeichelei erscheint (…). Unversehens bleibt man nach der Zurückweisung eines zu wohlwollenden Menschenbildes mit der Idee eines egoistischen Einzelwesens zurück. In Gesellschaft zu leben ist tugendhaft, die Tugend aber ist ein Trugbild, folglich ist der Mensch asozial« (S. 16). Dieser suggestiven Deutung setzt Todorov eine Vorstellung des Menschen entgegen, die differenzierter, empirisch allemal überzeugender ist. Das Bild, das Todorov vom Menschen zeichnet, ist fein ziseliert, von Grausamkeit und Gewalt ebenso beseelt wie von Güte und Gewährenlassen. Es bedarf keiner wirklichkeitsfernen Idealisierung und irreführenden Illusion, enthält sich aber auch jenes kaltschnäuzigen Bluffs, der als mutiger Realismus daherkommt und den Menschen überaus einseitig als bedrohliches Ungetüm porträtiert, das den anderen partout nicht wohlgesonnen ist.

Todorov sieht das, nach seinem ausgiebigen Streifzug durch die Wissenschaften unserer Zeit, anders: Die Natur des Menschen ist eben nicht so, dass es da von Anfang an und immerfort etwas zu bändigen gäbe. Der Mensch ist vor allem kein solitäres, sondern ein soziales Lebewesen, das des anderen bedarf. Ohne den differenten anderen gibt es kein Selbst und keine Identität, ja nicht einmal das nackte Überleben. Diese uns Heutigen durchaus geläufige, wenngleich keineswegs in allen sozial- und kulturwissenschaftlichen Theorien gebührend berücksichtigte Einsicht verteidigt Todorov gegen den Großteil überkommener Menschenbilder. Als revolutionärer Anreger und Kronzeuge für die »alternative«, gegen die asoziale Konzeption gerichtete Auffassung des Menschen fungiert dabei Rousseau. Bei ihm sieht Todorov die eigentliche Weichenstellung für eine soziale Anthropologie, welche die Geselligkeit nicht scheel beäugt und abwertet, sondern als konstitutives Merkmal des Menschen begreift. Dazu muss man Rousseau, den Liebhaber der Zurückgezogenheit und der einsamen Stunden, zwar von naheliegenden Missverständnissen befreien. Dann jedoch tritt umso klarer hervor, wie sehr erst er den Menschen konsequent als soziales Wesen denkt und diese Sozialität, gegen anderslautende Bestimmungen, rehabilitiert und nobilitiert.

Unvoreingenommene Betrachtung und Beobachtung führen Todorov zum Entwurf einer realistischen, erfahrungsgesättigten Anthropologie, die den asozialen Fantasien der Tradition den Rang streitig macht. Rousseau liefert dafür die Stichworte und Begleitmusik, die moderne Psychoanalyse und Entwicklungspsychologie bieten das empirische Fundament und die theoretischen Beschreibungsmittel, die es gestatten, genauer zu erfassen und zu analysieren, wovon jede(r) zumindest eine Ahnung hat: Wer von den anderen völlig aus seinem Blickfeld verbannt wird, wer also keinerlei Beachtung mehr findet und allenfalls noch auf Verachtung trifft, verwirkt sein Dasein. Es ist der auf mich gerichtete Blick der anderen – vielleicht eines »generalisierten Anderen« (George H. Mead) oder »Überadressaten« (Bachtin) –, der mich zum Menschen, zu einem bestimmten Menschen zumal, macht. Das ist unweigerlich so, obwohl wir, worauf etwa Sartre hinwies, wissen, dass dieser Blick nicht harmlos ist und auch seine Schattenseiten hat. Mitunter ist es gut und sogar überlebensdienlich, sich dem Blick bestimmter anderer entziehen zu können. Das ist freilich oft schwer, leider. Sich aus dem Blickfeld aller anderen zu begeben, ist schlechterdings unmöglich – und auch nicht ratsam, solange Menschen auf Beachtung, Achtung und Anerkennung sind.

Was aus einem wird, wird durch die anderen bestimmt, an deren Reaktionen auf ihn er sich selbst erkennt. Die Beziehungen zu ihnen »erweitern das Selbst und machen es keineswegs geringer« (S. 27). Andere können einen einschränken, zweifellos. Zuvorderst beschenken sie ihre Mitmenschen und Nebenmenschen mit Möglichkeiten, die ohne sie ganz undenkbar wären – und gar nicht so selten tun sie dies aus freien Stücken und sogar mit Freude. An Beziehungen haftet kein unabweisbarer Ruch der Eitelkeit und des egoistisch oder narzisstisch motivierten Missbrauchs der anderen. Sie sind, lange bevor sie Verderbtes sein und bringen können, etwas schlicht Notwendiges, eben Menschliches. Und sie drehen sich eben um das Bedürfnis nach Beachtung, Achtung und Anerkennung, dieses einzigartige und tiefste Bedürfnis, das »der Wahrheitsgrund aller an¬deren« ist (S. 29). Das klingt in den Ohren mancher vielleicht pathetisch, ist es aber nicht. Todorovs Worte zeugen freilich von der Macht eines Pathos, welches das Leben mit Abhängigkeiten versorgt – und uns zumal an die Angewiesenheit auf die anderen erinnert, sei es im Guten, sei es im Schlechten. Wie wir leben und was wir erleben können, verdankt sich gerade auch sozialen Abhängigkeiten, in denen passive Vorgänge des Erleidens und aktives Handeln eng ineinander verzahnt sind.

Der Mächtige, der Reiche, der Leistungsmotivierte etc., sie alle hecheln im Grunde genommen nicht nach Macht, Geld und eindrucksvollen Hervorbringungen eigenen Tuns, sondern nach Beachtung, Achtungsbezeugung und dem anerkennenden Blick des anderen. Machttheorien singen ein Lied davon, und Murray, McClelland, Atkinson und all die anderen Psychologinnen und Psychologen, die sich eingehend mit dem Leistungsmotiv befassten – dem in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts in der akademischen Psychologie wohl am intensivsten erforschten Motiv –, sahen genau, worum es stark leistungsmotivierten Personen im Grunde genommen – und sogar unbewusst – wirklich geht: Sie wollen Stolz empfinden können. Dieses soziale Gefühl aber lebt bekanntlich ganz und gar von der Beachtung, Achtung und Anerkennung durch die anderen.

Todorov argumentiert auf einer Textbasis, die sich in den Breitengraden der abendländischen, im Wesentlichen der modernen westlichen Kultur bewegt. Deren anthropologischen Individualismus und Solipsismus bezichtigt er, die Realitäten zu verkennen. Dazu bietet er eine Alternative an, die es ermöglichen soll, den Menschen, sein Tun und Lassen, seine Wünsche und Begehren, Versagungen und Leiden besser zu verstehen. Todorov führt uns die projektiven Anteile einer unhaltbar universalisierenden Interpretation des Menschen vor Augen, die schon im ersten Schrei des Neugeborenen bloß die Affirmation einer vom konkreten anderen unabhängigen Freiheit, Autonomie und Autarkie erkennen mag (Kant) und das Saugen an der Mutterbrust als ein gegen die Nahrungsspenderin gerichtetes, kannibalisches Verhalten dramatisiert und in grandioser Einseitigkeit verkennt (Freud). Wo die unterschiedlichsten Repräsentanten dieses einäugigen Blicks nur von der asozialen Natur eines im innersten Kern solitären, rücksichtslosen und aggressiven Wesens reden, dessen böser Egoismus durch die moralische Sozialisation und Enkulturation gebändigt, sublimiert und in sozialverträgliche Bahnen gelenkt werden müsse, sieht Todorov genauer hin und erkennt Interaktionen im Zeichen der Kooperation und der Liebe.

Bevor er seine Beobachtungen darlegt und sich die Zustimmung der zeitgenössischen Entwicklungspsychologie und psychoanalytischen Beziehungsforschung einholt, lässt er zunächst Rousseaus Entdeckung und ihre Weiterentwicklung bei Adam Smith (dem Ökonomen und Theoretiker des Mitgefühls) sowie ihre Reduktion bei Hegel (der Rousseaus »Achtung« und Smith’ »Beachtung« in höchst einflussreicher Weise als »Anerkennung« bezeichnet; vgl. auch Honneth, 1992) Revue passieren. Hegel rückt den Begriff der Anerkennung zwar ins Zentrum seiner sozialtheoretischen Bestimmung der ›Conditio humana‹, schränkt ihn in seiner Bedeutung aber drastisch ein: Er macht aus den Anerkennungsverhältnissen, um die es auch Rousseau und Todorov geht, unverzüglich eine Arena des unerbittlichen Kampfes zwischen Individuen, denen es letztlich nur darum zu tun ist, »sich den anderen, alle anderen, (zu) unterwerfen, durch ein negierendes, zerstörerisches Tun« (Hegel). Das führt in die von Hegel so meisterhaft entfaltete Paradoxie und Aporie, da ein als Machtkampf angelegtes Ringen um Anerkennung notwendigerweise zum Scheitern verurteilt ist: Der Besiegte erhält ohnehin keine Anerkennung, und die vom Sieger erkämpfte und erzwungene ist nichts wert, da sie von einem Besiegten stammt. Allein, das Leben ist nicht nur und schon gar nicht von Anfang an eine Kampfarena, ein »Boxring« (Todorov) für machtdurstige Männer. Das erwartete, das neugeborene und heranwachsende Kind muss nicht unentwegt mit Harken und Schlägen rechnen, die auf Unterwerfung zielen (obwohl es das gibt, wie zahllose bittere Kindheiten bezeugen). Generell gilt: Die Anerkennungsverhältnisse, in die ein Kind eingebunden ist, sind keine Kampfbeziehungen. Die Existenz des Individuums als spezifisch menschliches Wesen beginnt nicht auf einem Schlachtfeld, sondern »im Erheischen des mütterlichen Blicks durch den Säugling – eine sehr viel weniger heroische Situation« (S. 39). Man wird ergänzen dürfen, dass schon sehr frühzeitig auch der väterliche Blick gesucht werden mag, und umgekehrt die alten und zumal die ›neuen Väter‹ die Augen des Kindes suchen, um Beachtung, Achtung und Anerkennung zu schenken und zu empfinden.

Es ist auf merkwürdige Weise ernüchternd und belehrend, wie Todorov genau jenen, welche, angeblich getrieben von ihrer schonungslosen Wahrheitsliebe, aus dem menschlichen Antlitz eine ganz auf Kampf eingestellte Fratze machen, »eine Überanstrengung der Einbildungskraft« vorhält. So kehrt er die Rollen, an die wir uns so sehr gewöhnt haben, kurzerhand um und schiebt den schwarzen Peter der projektiven Verklärung denjenigen zu, die angetreten sind und noch heute antreten, um unser Selbstverständnis von jeglicher Naivität zu befreien. Und von diesen erbarmungslosen »Aufklärern«, deren Theorien schon deswegen richtig zu sein scheinen, weil sie so hart und unbequem sind und keinerlei Trost versprechen, gibt es (nach Hegel) noch eine ganze Reihe. An berühmten Beispielen analysiert Todorov: die klassische Psychoanalyse Freud’scher Prägung, die bereits den neugeborenen Menschen als eine rohe, »wilde Bestie, der die Schonung der eigenen Art fremd ist« (Freud), betrachtet, als ein böses Triebwesen, dem die (gute) Kultur Triebverzicht abzuverlangen hat; Alfred Adlers Ansatz, der die stärkere Betonung (des Ideals) der Sozialität letztlich der (vermeintlich realistischeren) theoretischen Vorstellung eines nach Überlegenheit strebenden, machthungrigen, egoistischen Einzelwesens unterordnet; Bataille endlich, der (im Anschluss an de Sade und auch an Blanchot) von der »Urtatsache der absoluten Einsamkeit« ausgeht, wenngleich er in seiner antagonistisch-dualistischen Konzeption auch die angeborene Geselligkeit des Menschen erkennt. Bataille zeichnet in radikaler Weise ein Bild vom sogenannten »souveränen« Menschen, »für den der einzelne nicht mehr zählt« (Bataille), kommt er doch allenfalls noch als Werkzeug des eigenen Willens in Betracht. Wer auf die anderen angewiesen ist, verrät Kleinmut und Feigheit; er zeigt die für die Masse so typische »Schafsschwäche«, die bereits Nietzsche verächtlich machte. Gewiss, auch Bataille gelangt zu einem Schluss, der die Souveränität (wie Hegel das Schicksal der »Herren«) in trübem Licht erscheinen lässt, da die souveränen Menschen am Ende selbst Opfer ihrer radikalen Negation, Versklavung und Vernichtung der anderen werden. Der sich verausgabende, sich über alle Grenzen hinwegsetzende, sich erschöpfende Sadist ist von Anfang an ein Masochist; seine Schläge sind vom ersten Moment an Eruptionen der Selbstverneinung und Selbstzerstörung, die allenfalls als Akte der Selbstbehauptung getarnt sind oder missverstanden werden. Wie dem auch sei, es ergibt sich auch hier das Bild eines asozialen, »souveränen« Wesens, dessen exzessive Gewalt gegen die anderen zu bezeugen scheint, dass er ihrer nicht bedarf.

Bekanntlich gab und gibt es Einsprüche gegen die skizzierte Anthropologie. Feuerbach, Buber, Bachtin, Levinas und Habermas etwa haben je auf ihre Weise die Sozialität als ein Faktum betrachtet, an dem keine anthropologische (und darauf aufbauend: philosophische, sozial- und kulturwissenschaftliche) Theorie vorbeikommt, die sich mit der Existenz, mit dem Denken, Fühlen, Wollen und Handeln des Menschen befasst. Und selbstverständlich gibt es auch psychologische und psychoanalytische Ansätze, die Todorovs sozialtheoretisches Anliegen einer »relationalen« Bestimmung der ›Conditio humana‹ stützen. Ferenczi, Alice und Michael Balint oder Winnicott, Melanie Klein und Fairbairn, Fromm, Horney oder Sullivan und andere haben entsprechende Arbeiten vorgelegt, und besonders die neuere Entwicklungspsychologie kann mit Erkenntnissen aufwarten, welche die merkwürdige, gewiss erklärungsbedürftige Blindheit der »asozialen« Ansätze klar als solche zu erkennen geben. Einschlägige Arbeiten bewegen sich im Feld der Säuglingsforschung (Dornes, 1993) und lassen auch sonst kein Stadium einer Kindheitsentwicklung aus, in der schon sehr frühzeitig Ansätze »geteilter Intentionalität« und sozialer Kooperation im Medium einer dialogischen und diapraktischen Kommunikation zu verzeichnen sind (Tomasello, 2010, 2011).

Todorov behandelt den kühnen Pionier und großen Schriftsteller Freud übrigens mit Respekt – was ihn nicht davon abhält, dessen Theorie in fast allen wesentlichen Teilen als unhaltbar und überholt zu erklären und ad acta zu legen. Wem nichts an Hagiografie liegt, wird Todorov in vielen Punkten Recht geben. Seines Erachtens muss man eben ganz anders ansetzen (oder aber Freud anders lesen und auslegen, was allerdings nur teilweise zu rechtfertigen wäre). Bei Todorov wird Freuds dualistische Triebkonzeption durch ein dreigliedriges Modell ersetzt, das neben einem Seinstrieb, den der Mensch mit aller Materie gemeinsam hat, einem mit allen Lebewesen geteilten Lebenstrieb, der auf das Stillen von Hunger und Durst sowie auf Wohlbefinden zielt, noch einen spezifisch menschlichen Daseinstrieb kennt, der sich darauf gründet, »daß wir Mängelwesen und von Natur aus gesellig sind« (S. 68). Der Mensch als kosmisches, animalisches und soziales Wesen – so lautet die Formel, an der sich die ›neue‹ Anthropologie orientiert.

Nun, an dieser ›Ersetzung‹ kann gewiss einiges kritisiert werden. So muss man sich etwa fragen, wieso der Triebbegriff überhaupt beibehalten wird und was er – im Unterschied zu Freuds (ökonomisch-energetischer, dynamischer und topischer) Idee eines Grenzbegriffs, der in eigentümlicher Weise ›zwischen‹ dem Somatischen und dem Psychischen angesiedelt wird – eigentlich genau bedeuten soll (in welchem Theorierahmen?). Fraglich ist prinzipiell, ob die »Dreiheit« von Sein, Leben und Dasein zustimmungsfähige Unterscheidungen und ein tragendes Fundament der neuen Anthropologie und Psychologie abgeben kann. Der Übergang von Freuds Ansichten zum neuen Modell scheint mir ohnehin etwas abrupt geraten, da dieses Modell mitnichten den Anspruch erheben kann, es an Komplexität mit der Freud’schen Psychologie des Unbewussten aufnehmen zu können. Nun, das ist wohl auch nicht Todorovs Anliegen, geht es ihm .ja ›lediglich‹ um eine Art Kompensation verbreiteter Defizite in der anthropologischen Grundlegung von Fachwissenschaften wie der Psychologie, nicht aber um eine Psychologie an sich. Die Nähe zu dieser Disziplin und speziell die ausführlichere Auseinandersetzung mit Freud wirft jedoch Fragen auf, auf die Todorovs Modell Antworten schuldig bleibt. So bleibt nicht zuletzt etwas im Dunkeln, ob die Unterscheidung zwischen Bewusstem und Unbewusstem (und Vorbewusstem) weiterhin gültig bleibt – Todorov verwendet sie öfters – und welchen genauen Sinn sie fortan besitzen soll (bzw. durch welche verwandten Vorstellungen sie gegebenenfalls zu ersetzen wäre). Generell scheint mir das Verhältnis zwischen Anthropologie und Psychologie nicht hinreichend geklärt.

Zurück zum Anliegen der Anthropologie: Nachdem die Grundthese im zweiten Teil des Buches geklärt wurde, macht sich Todorov an entwicklungspsychologische Spezifizierungen und, im dritten Teil, an weitere diagnostisch-analytische sowie begriffliche Differenzierungen. Die entwicklungspsychologischen Darlegungen fassen zusammen, was einschlägige Forschungen für das Thema hergeben (bzw. vor etwa 20 Jahren hergaben; seither sind auch in diesem Feld weitere, höchst bemerkenswerte Fortschritte erzielt worden). Sie werfen Licht auf den Werdegang von Individuen, die mit dem Bedürfnis nach den anderen und deren Blick, nach Kontakt und Anerkennung zur Welt kommen und zeitlebens darauf aus sind, es in allmählich komplexer werdenden, stets aber äußerst vielfältigen Interaktionen zu befriedigen. Todorov präsentiert ein einfaches Stufenmodell, das darlegt, in welchen Schritten das vor sich geht. Für ihn ist dabei klar, dass versagte, unzulänglich erfahrene oder unangemessene Anerkennung die zentrale Quelle von Leid und psychopathologischen Störungen bildet. Je früher hier Versagungen und Versäumnisse auftreten, desto tiefer und nachhaltiger sind die Verletzungen des betroffenen Individuums. Zudem gilt, dass das in Anerkennungsverhältnisse eingebundene Abenteuer des Zusammenlebens fortwährt bis zum Tod. Das Kind, das aus der anfänglichen totalen Abhängigkeit herauswächst, gelangt auch als Erwachsener niemals zu absoluter Unabhängigkeit. Der Erwachsene existiert in einem Feld neuer und sich wandelnder Abhängigkeiten, die allemal auch das nie versiegende Bedürfnis nach Anerkennung signalisieren. Nicht zuletzt die ›schöne Literatur‹ ist, wo sie die bittersten Momente im Leben von Individuen beschreibt, voll von einfühlsamen Porträts, die sterbende Menschen auf ein achtsames und anerkennendes Wort zumindest eines anderen warten lassen – vielleicht vergeblich, sodass das versiegende Leben unerfüllt bleibt. Eine ähnliche Verletzung mögen Hinterbliebene erleiden, wenn sie auf ein versöhnliches oder verständiges Wort des Sterbenden warten, ein letztes Zeichen der ersehnten Anerkennung. Versagte Beachtung, Achtung und Anerkennung gibt allemal den Stoff für Tragödien her.

Das Bedürfnis nach Anerkennung ist vielgestaltig und erfährt ganz unterschiedliche Behandlungen und Befriedigungen, vor allem in engeren Verhältnissen der Koexistenz. Anerkennung kann materiell oder immateriell sein, in hierarchische oder egalitäre Beziehungen eingebettet, direkt oder indirekt; man kann bewusst oder unbewusst nach ihr verlangen, sie mit rationalen oder irrationalen Mitteln einfordern, sie durch konformistische Anpassung, durch Angleichung und Übereinstimmung erlangen oder aber durch individualistische Abhebung, Abgrenzung und Unterscheidung.(4) Höchst bedeutsam ist die Differenzierung zweier Formen der Anerkennung, die diese insgesamt als einen zweistufigen Prozess erscheinen lässt: Die Anerkennung im engeren Sinn bescheinigt dem Individuum seine Existenz, nimmt ihn als existierend wahr; die Bestätigung stellt eine Wertschätzung dar. Bestätigung setzt Anerkennung im engeren Sinn voraus. Wird jemand als nicht existent wahrgenommen, einfach ignoriert, so ist er »bloß Luft« für die anderen. Diese radikale Entwertung kommt einem vernichtenden Angriff auf sein Selbst gleich, ist also weitaus schlimmer als die durch Mangel an Bestätigung erfahrene Verwerfung. »Keinen Freund und nicht einmal einen Feind zu haben – das ist die wahre Hölle, die alle Qualen der fühlbaren Vernichtung eines denkenden Wesens in sich faßt«, schrieb einst Karl Philipp Moritz. Wegen der erläuterten Beziehungen kann man sagen: Anerkennungsverhältnisse sind in Verletzungsverhältnisse eingebettet und ›vice versa‹.(5)

Bei aller Vielgestaltigkeit geht es stets um denselben Kern, der allen Modalitäten der Anerkennung eigen ist und der die Anerkennung zu einem universalen Bedürfnis des Menschen macht – und nicht bloß zu einem Anliegen der Angehörigen westlicher, moderner Gesellschaften, die sich, wie manche meinen, ohnehin allzu sehr um ihr Selbst sorgen. Ebenso allgemeingültig ist die Einsicht, dass es immer und überall Mittel und Wege gab und gibt, den unerfüllten Anspruch auf Anerkennung (psychodynamisch) abzuwehren, das ungestillte Bedürfnis sowie Kränkungen und Enttäuschungen durch Notbehelfe wettzumachen. Todorov listet einige solche Palliative auf und widmet sich Strategien der sozialen Abwehr, die Sigmund Freud Sedativa, Adler Kompensationen, Anna Freud Abwehrmechanismen, Fontane Hilfskonstruktionen und Sartre den Balsam der Seele nannte. Ausnahmslos haben sie Notbehelfe im Blick, welche die nach Anerkennung dürstenden Individuen über erlebte Versagungen und Verletzungen hinwegtäuschen, sie kurzfristig trösten oder betäuben, die letztendlich jedoch nichts nützen, ja, die Sache bloß verschlimmern. Niemand kommt ganz ohne solche Strategien und Manöver aus, durch die er sich und den anderen etwas vorgaukelt, um mit den alltäglichen Nöten zurechtzukommen. Die Listen und Selbstmanipulationstechniken, um sich in die illusionäre Welt eines nur scheinbar, behelfsmäßig und notdürftig erfüllten Daseins zu hieven, sind unzählig und unerschöpflich.

Todorov hat selbstverständlich kein Patentrezept für ein gelingendes, erfülltes Dasein, und er weiß nur allzu gut, dass es ein schmaler Grat ist, auf dem Anerkennungsverhältnisse praktisch glücken (können). Doch zieht er sich, nachdem er psychosoziale Abwege und Irrwege des Strebens nach Anerkennung analysiert hat, keineswegs mit dem billigen Spruch aus der Affäre, es müsse am Ende halt jede(r) selbst wissen, wie es denn besser gehen könnte (als im Drogen- oder Konsumrausch etc.). Bevor ich auf seine Vorstellung gelingender Anerkennungsverhältnisse eingehe, sei gesagt: Todorov ist kein Missionar, kein Moralapostel und kein Oberlehrer, der anderen Vorschriften auferlegen und gutgemeinte Ratschläge erteilen möchte. Was Todorov anbietet, ist etwas ganz anderes. Es ist eine Lektüreerfahrung, welche die Leserschaft mit dem Gebrauch der phronetischen Urteilskraft und psychologisch-praktischen Vernunft eines Autors bekannt macht, der alltägliche Erfahrungen, wie sie jede und jeder machen kann und allenthalben macht, subtil analysiert, reflektiert und eben daraus seine Schlüsse zieht. Bei alledem befindet er sich ununterbrochen im Dialog mit jenen Wissenschaften, die sich für die Bearbeitung der gestellten Aufgaben als hilfreich erweisen. Was dabei herauskommt, sind keine substanziellen Anweisungen für die »richtige« Daseinsführung.

Das stünde im Übrigen in krassem Gegensatz zu der im gesamten Buch präsenten Einsicht, dass wir unser Dasein nur sehr bedingt selbst in der Hand haben. Todorovs eindringlicher, bei aller Kritik dennoch stark durch die Psychoanalyse geprägter Blick auf das Kind und seine sozialen Bindungen macht klar, dass die Existenz des einzelnen von Anfang an in wesentlichen Hinsichten von anderen abhängt und zeitlebens von ihnen und ihrem Wohlwollen zehrt. Unsere Möglichkeiten der Selbstbestimmung müssen demnach nicht zuletzt im Zuge einer psychischen Verarbeitung eines zunächst von den anderen geprägten Daseins entwickelt werden. Was einer solchen Entwicklung dienlich und was ihr abträglich ist, das allerdings lässt sich der Analyse einschlägiger Erfahrungen, Erwartungen und Orientierungen, Handlungen und Haltungen durchaus entnehmen, jedenfalls in groben Zügen. Phronetische Vernunft und praktische Klugheit bis hin zur erfahrungsabhängigen Lebensweisheit sind keineswegs Handlanger für Leute, die Luftschlösser bauen möchten.

Todorov ist, wie gesagt, kein moralisierender Tugendprediger, und das ist gut so. Auf einer ganz anderen Ebene liegt der folgende Einwand: Ich glaube, dass Todorov allzu sehr von den normativen Voraussetzungen und Implikationen der Schlussfolgerungen, die er aus seinen (psychologischen) Analysen zieht, absieht, sie bisweilen unterschlägt, wo sie fast mit Händen zu greifen sind. Gewiss, Todorov hält sich in seinen Betrachtungen unseres abenteuerlichen Zusammenlebens strikt an intersubjektive Erfahrungen, an das, was wir alle mehr oder minder kennen, artikulieren oder zumindest nachvollziehen können, wenn wir davon hören oder es als Lektüre vorgesetzt bekommen. Sein Versuch einer allgemeinen Anthropologie steht auf einem festen empirischen Fundament, und zwar auch dann noch, wenn er am Leitfaden von individuellen Exempeln und Geschichten, die er ja nicht selten Romanen entnimmt, sowie typisierenden Vergleichen schließlich allgemeine Einsichten in die Entstehung und Struktur eines von Anerkennung erfüllten und in diesem Sinne gelingenden Daseins einerseits, einer von Leid, Gewalt und Unglück durchzogenen Existenz andererseits entfaltet. Allein von empirischen Analysen, theoretischen Verallgemeinerungen und Argumenten lebt dieser Versuch jedoch keineswegs. Man kann nämlich genetische, strukturelle und funktionale Aspekte unterschiedlicher Lebens- bzw. Daseinsformen aufzeigen, solange man mag: Der von Todorov nahegelegte und sein ganzes Unternehmen motivierende – gleichsam in einer vorausentworfenen Retrospektive auf die möglichen Ergebnisse der Analysen bereits gezogene – Schluss, es doch mit einem gelingenden, erfüllten Leben zu versuchen, wird durch keinerlei empirische Argumente aufgezwungen. Einen solchen Schluss will man ziehen oder eben nicht. Wer ihn teilt oder zu ihm hinneigt, mag für diese Entscheidung und Neigung – wie für die Liebe – nicht zuletzt moralisch-normative Gründe anführen, die letztlich um die Frage nach der Vermeidung intra- und interpersonaler Gewalt kreisen. ›Rational erzwingen‹ lässt sich die praktische Sensibilität für Anerkennungsverhältnisse und darin situierte Begehren und Verlangen nicht. Gute Gründe, die sich in der Sprache des Kopfes und in der Sprache des Herzens für ein möglichst gewaltarmes Leben vortragen lassen, gibt es allerdings schon.

Ich denke, man muss im Grunde genommen so argumentieren, wenn man die besagte Schlussfolgerung ziehen und anderen nahebringen möchte. Die theoretische und praktische Rücksichtnahme auf das allgemein-menschliche Bedürfnis nach Anerkennung hat etwas damit zu tun, der Gewalt eine Absage erteilen zu wollen, sie zumindest als – freilich niemals ganz auszuschaltenden – Störenfried eines erstrebenswerten Daseins zu betrachten. Das ist eine moralisch-normative Option, die in Todorovs durch und durch ›naturalisierter‹ Anthropologie unterbelichtet bleibt, ja sogar etwas vernebelt wird. Dies, und nicht die Option selbst – zu der es meines Erachtens keine ›vernünftige‹ und ›ehrenwerte‹ Alternative gibt –, schwächt den vorgelegten Versuch ein wenig. Sein Wert wird dadurch jedoch nicht um das Mindeste geschmälert.

Dies gilt speziell auch für Todorovs Versuch zu sagen, wie Anerkennung ohne die Nachteile von »Notbehelfen« oder Palliativen erlebt werden kann. Die Formel lautet schlicht: im Wechselspiel. Dieser Begriff soll das »Abwechseln« – das wir von früher Kindheit an beherrschen: Jetzt bist du dran, dann ich – sowie das komplexere, stets veränderliche »Rollenspiel« umfassen und eine Praxis bezeichnen, die es gewährleistet, »sowohl die eigene Sozialität als auch die Subjektivität des anderen zu akzeptieren, das ›Du‹ als dem ›Ich‹ zugleich ähnlich und komplementär anzunehmen« (S. 129). Die theoretische Idee, das Handeln des Menschen sei durch und durch von egoistischen Interessen und Nutzenkalkülen bestimmt, erweist sich bei näherem Hinsehen als reichlich abstrakte Schimäre. Kaum eine Beziehung »funktioniert« so, ja nicht einmal einzelne Dialoge könnten so verständlich gemacht oder geführt werden. Zweifellos ist auch das Wechselspiel »kein Allheilmittel. Es paßt unsere Bedürfnisse nach Anerkennung der Mannigfaltigkeit der einzelnen Menschen an, welche die Gesellschaft bilden. Aber es ist selbst partiell und zerbrechlich. Von der Notwendigkeit der Reziprozität und der Rollenverteilung auszugehen, ist dennoch allen Notbehelfen gegen das Scheitern der Anerkennung vorzuziehen, denn es ist wahrer. Aber damit wird nichts endgültig geregelt. Das Wechselspiel muß in jedem Augenblick neu erfunden und von neuem begonnen werden« (S. 132f.). Es darf als Kronzeuge der Kreativität menschlichen Handelns angesehen werden (Joas, 1992). »Das vergangene Gespräch kann den fehlenden Dialog nicht ersetzen. Damit sagt man nur auf eine andere Weise, daß die Menschen in der Zeit existieren, ausschließlich und immer in der Zeit« (S. 133).

Dieser temporalen Bestimmung des Daseins trägt Todorov im vierten Kapitel Rechnung, in dem er einen theoretischen Vorschlag unterbreitet, die Struktur der Person zu begreifen. Im Kern teilt dieses Konzept die Einsichten der ambitionierten Strukturmodelle der psychologischen (und soziologischen) Moderne, die – ungeachtet sonstiger, durchaus tiefgreifender Unterschiede – eine Person allesamt (formaltheoretisch) als Einheit ihrer Differenzen und Synthesis des Heterogenen konzeptualisieren. Von William James und George H. Mead bis hin zu Hans Joas, von Sigmund Freud oder Erik H. Erikson bis hin zu Heinz Kohut und vielen anderen (die sowohl pragmatistisches als auch psychoanalytisches Gedankengut aufnahmen und integrierten, etwa Jürgen Habermas, Rainer Döbert und Gertrud Nunner-Winkler oder Lothar Krappmann, aber auch Repräsentanten anderer Theorietraditionen, etwa einer Hermeneutik und Phänomenologie, wie sie Paul Ricœur vertritt; vgl. Straub, 2004, 2012, 2015), finden sich entsprechende Konzeptionen des Selbst bzw. der personalen Identität. Auch Todorov sieht auf diachroner und synchroner Ebene angesiedelte Differenzen in der Person, was nicht zuletzt heißt, dass zwei Personen in einem Dialog gleichzeitig vielerlei Beziehungen zueinander aufnehmen: »In jedem von uns sind immer mehrere Instanzen am Werk« (S. 135). Das Selbst begreift Todorov metaphorisch (und topologisch) als Ort, an dem es zu vielfältigen Interaktionen zwischen den verschiedenen Instanzen kommt – im besten Fall zu einer Synthesis des Heterogenen (Ricœur), die Widersprüche und Widerstreit keineswegs eliminiert (sondern in neuer Weise artikuliert).

Todorov nimmt bei der Ausarbeitung dieses Modells nicht ausführlich auf vorliegende Theorien Bezug. Meines Erachtens gelingt es ihm nicht, ein systematisch hinreichend durchgearbeitetes, überzeugendes Strukturmodell der Person zu entwerfen. Als Paten für den Gedanken einer pluralen Binnendifferenzierung des Seelischen dienen zunächst einmal so unterschiedliche, ja schwer unter einen Hut zu bekommende Autoren wie Platon, Aristoteles, die Stoiker, Pascal, Freud und Jung, Borges, Beckett, Proust und andere mehr – auf die Todorov durchweg nur kursorisch hinweist, um sich ihrer philosophischen Überlegungen, wissenschaftlichen Modelle und literarischen Figuren als eine Art Anschauungsmaterial zu bedienen. Dem (streckenweise sehr an Mead erinnernden) Grundgedanken von Todorovs Psychologie der Intersubjektivität, die das »Ich« als durch die Interaktionen mit den anderen konstituiert sieht, lässt sich meines Erachtens nur zustimmen. Der an Proust anschließende Vorschlag, die Minimalbesetzung der psychischen Ausstattung einer Person in den Figuren oder Instanzen des »Selbst«, des »Herrn der Anerkennung« und des »Objektes der Begierde« zu sehen, überzeugt mich dagegen nicht. Die Begründung für dieses Modell, dass es nämlich »eine gewisse intersubjektive Wahrheit« besitze und obendrein gestatte, »unzählige einzelne Situationen darzustellen, mithin unzählige Schilderungen zu geben« (S. 146), wirkt allzu sehr als Notnagel. Was ich in den anderen Teilen des Buches als Stärke eines interdisziplinär Denkenden wahrnahm, der sich empirischer Erkenntnisse oder theoretischer Hypothesen und Modelle aus verschiedenen Disziplinen meisterhaft bedient, empfand ich in diesem Teil bisweilen als argen »Baukasten-Eklektizismus«, der ohne hinreichend durchsichtige Absicht und theoretische Stringenz auszukommen versucht.

Da vervielfältigt sich das Selbst (in ein archaisches und reflektiertes, retrospektives und antizipierendes, ein positives, negatives und ideales etc., schließlich ein – terminologisch nach allen vorgenommenen Differenzierungen sehr unglücklich geratenes – »umfassendes Selbst«), ohne dass das (empirische) Bildungs- und (theoretische) Konstruktionsprinzip dieser Multiplizierungen hinreichend klar würde. Da helfen dann auch die oft schönen, scharfsinnigen und anregenden Bezugnahmen auf die Literatur nicht wirklich weiter. Auch bezüglich der anderen beiden Figuren bzw. Instanzen (s.o.) und schließlich bezüglich der Interaktionen aller drei (im bleibenden Rahmen des »umfassenden Selbst«) gilt ähnliches. Überhaupt unterläuft so mancher Satz in diesem Kapitel die Subtilität und Komplexität der bislang gegebenen Beschreibungen, der angestellten Analysen und Schlussfolgerungen. Tendenziell tautologische oder zirkuläre Vereinfachungen ohne wirklichen Erkenntnis- oder Erklärungswert finden sich nun schon einmal, etwa wenn es heißt: »Wenn die Antagonisten (oder negativen Figuren) über die Protagonisten (oder positiven Figuren) die Oberhand gewinnen, ist die Geisteskrankheit nicht mehr weit. Wenn sich das negative Selbst mit einem schlechten Herrn der Anerkennung verbindet, sind dem Verfolgungswahn und der Paranoia Tür und Tor geöffnet« (S. 157).

Das Schlusskapitel bietet dann noch einmal jenen Genuss, den der größte Teil des Buches beschert. Todorov denkt das gelingende Leben nun nicht mehr allein von der Anerkennung her. Es gibt neben dem Glück, das die Koexistenz mit anderen (im positiven Fall) bereithält, eine ganz unmittelbare Erfüllung durch (kreative) Tätigkeiten, aber auch durch widerfahrnisartige Erlebnisse beispielsweise angesichts des Schönen in der Natur oder Kunst. Hans Joas (1999) würde in solchen Zusammenhängen von Erfahrungen der Selbsttranszendenz sprechen. Solche Tätigkeiten und Erlebnisse schenken das Gefühl der Präsenz und Lebendigkeit, ohne dass es hierzu ›unbedingt‹ des anderen bedürfte. Ohne Urteil des anderen und auch ohne Selbstbeurteilung sind solche Tätigkeiten und Erlebnisse Zweck an sich und Beweis des Daseins: »Die Erfüllung schließt den Prozess der Anerkennung kurz und enthält in sich ihren eigenen Lohn« (S. 164). Wie treffend ist nicht zuletzt, was Todorov über den paradoxen Charakter der Erfüllung schreibt: »(D)as Ich scheint darin vergessen und geht doch bereichert daraus hervor« (S. 166). Und schließlich trifft es zu, dass Koexistenz und Erfüllung einander nicht ausschließen und nicht einmal als Gegenteile oder Gegenpole gedacht werden können, sind sie beide doch gleichermaßen notwendige Bestandteile einer von der Sozialität her zu denkenden ›Conditio humana‹. Sie unterscheiden sich allein durch das Vorhandensein bzw. Fehlen einer (sozialen) Vermittlung, können also als transitive bzw. intransitive Weisen, da zu sein und zu empfinden, verstanden werden.

Am Ende des Buches erinnert Todorov (noch einmal) an zwei Autoren, deren theoretische Texte besonders eindringlich und eindrucksvoll die menschliche Sozialität ins Zentrum rücken und allen individualistischen Konzeptionen des Menschen eine radikale Absage erteilen. Etwa zur selben Zeit wiesen George H. Mead und Michael Bachtin darauf hin, »daß wir unseren Körper niemals ganz sehen können. Diese Teilansicht verkörpert anschaulich unsere konstitutive Unvollständigkeit, unser Bedürfnis nach anderen, um unser Selbstbewußtsein zu begründen und folglich auch unser Dasein« (S. 168). Das gilt für den geselligen Menschen ebenso wie für denjenigen, der ein zurückgezogenes Dasein vorzieht. Das Gespräch mit den anderen bricht für jene Lebewesen, die als Menschen zur Welt kamen, zeitlebens nicht mehr ab. Eine Person kann die Worte, die sie an die anderen richtet, für sich behalten und sich ganz verschließen. Das völlige Verstummen des an die anderen gerichteten Wortes markiert jedoch eine Grenze des menschlichen Daseins und Lebens. Der Mensch ist nicht nur, wie Sartre sagte, zur Freiheit verdammt, sondern auch und vor allem anderen zu einer Existenz, die ohne andere nicht denkbar ist. Mit den anderen zu sein, neben ihnen und gegen sie, ist unausweichlich. Rousseau, dem Todorovs schöner und bereichernder Essay mehr verdankt als jedem anderen Autor, soll auch hier noch einmal zu Wort kommen: »Unser süßestes Dasein ist relativ und kollektiv, und unser wahres Ich ist nicht ganz in uns. Kurz, der Mensch in diesem Leben ist so eingerichtet, daß man nie zum rechten Genuß seiner selbst ohne Zutun der anderen gelangen kann« (S. 169).

Wer von der Selbstverwirklichung des Individuums oder vom Fortschritt der Gesellschaft redet und dabei »das hedonistische Prinzip der Lustmaximierung oder das utilitaristische Ideal des größten Glücks für die größte Zahl von Menschen« (S. 170) zum Dreh- und Angelpunkt seiner Handlungsanalysen macht, verkennt oder verkürzt die Sozialität des menschlichen Daseins. Todorov erinnert in seinem Essay alle Individuen, aber auch die Gesellschaft und die Politik daran, dass das Ziel des Menschen nicht in bloßer Produktion und im Konsum besteht, sondern in der Beziehung zu anderen Menschen. Wer diese schlichte, aber wesentliche Einsicht aus dem Blick verliert und die Verarmung der Kommunikation zwischen Menschen billigend in Kauf nimmt oder betreibt, bekommt eines Tages die Rechnung serviert. Der herrschende Individualismus ist Todorov (wie den Kommunitaristen, ungeachtet ihres Variantenreichtums) ein Dorn im Auge. Das Bedürfnis nach anderen hinter sich zu lassen, hieße sich selbst und das menschliche Dasein zu verkennen. Sozialität ist weder gut noch schlecht, sondern schlicht unumgänglich. Egoismus und Altruismus unterscheiden sich stets innerhalb des für das Dasein konstitutiven Rahmens der Sozialität. Die anderen sind im Grunde genommen keine Hindernisse auf dem Weg zur Selbstverwirklichung des Einzelnen; sie sind vielmehr der einzige Weg zu ihr, selbst wenn sie uns mitunter stören und diesen Weg versperren. Ganz ohne sie geht es nie und nirgends.

Eine allgemeine Anthropologie als Apologie der Liebe? Träumt dieser Mann, der so beredt gegen die »individualistische Illusion« zu Felde ziehen und von »Fürsorge und Anerkennung, Zusammenarbeit und Nacheifern, Wettstreit und (…) inniger Verbundenheit mit anderen« als Quellen des Glücks und der Erfüllung schwärmt, vielleicht doch? Ist er, der anderen unentwegt ihre angeblichen Illusionen vorhält, womöglich nicht ganz von dieser Welt? Weiß und sieht er denn nicht, dass die anderen unleugbar die Hölle sein können? Ist er taub gegen die Stimmen in unserem ›Jahrhundert vernichtender Gewalt‹? Verstummen in einer Anthropologie der Anerkennung nicht nur die gemarterten und getöteten Körper, die zerschundenen Seelen und zerrissenen Zeugnisse über das Leid in den Lagern, die doch geradezu paradigmatisch dafür geworden sind, was Menschen von Menschen alles angetan werden kann? Will uns Todorov in Verklärungen einlullen und die Einsichten wirklicher Aufklärung vergessen machen? Manche Leserin und mancher Leser wird so oder ähnlich fragen. Diese Fragen gehen, wie ich meine, ins Leere. Nicht allein, dass in Todorovs Büchlein ebenso viel vom Leid durch versagte oder falsche Anerkennung die Rede ist wie vom Glück durch erhaltene und ge¬währte – wobei er obendrein hervorhebt, dass selbst das im günstigen Fall erlebte Glück eine ganz und gar labile, zerbrechliche, vergängliche Angelegenheit ist. Ein anderer Sachverhalt verdient hier ebenfalls Erwähnung: Tzvetan Todorov (1993) hat uns selbst auch einige nüchterne und ernüchternde Einblicke in die Abgründe der gegen die Menschlichkeit und Menschheit gerichteten Lager der Nationalsozialisten und der stalinistischen Kommunisten eröffnet. Der vorliegende Versuch über das Abenteuer des menschlichen Zusammenlebens liest sich, jenseits von Illusionen und Verklärungen, wie ein Nachwort zu diesem Buch über ein Leben und Dasein »angesichts des Äußersten«. Selbstverständlich kann die Abhandlung über Anerkennung ebenso gut als Vorwort zu allen Büchern Todorovs gelesen werden, die von exzessiver oder subtiler, bereits verübter oder gerade befürchteter Gewalt in allen ihren Formen handeln. Dazu zählen auch jüngere Publikationen eines gelehrten Wissenschaftlers, der in seiner Wahlheimat Frankreich längst auch als ›Public intellectual‹ wirkt und seine Stimme erhebt, um sich in allgemeine Angelegenheiten einzumischen. Er tut das zum Beispiel ebenso umsichtig wie scharfsinnig, wenn er (2010) die grassierende »Angst vor den Barbaren« unter die Lupe nimmt und auch in diesem Kontext eine politische Klugheit beweist, die einem Zeitalter, das radikalisierte Formen der Toleranz bitter nötig hat, bestens zu Gesicht stehen.

Jürgen Straub

(1) Der vorliegende Beitrag ist eine leicht bearbeitete Fassung eines Rezensionsaufsatzes, der anlässlich der 1996 im Wagenbach Verlag erschienen deutschsprachigen Ausgabe von Todorovs Buch publiziert wurde: Handlung Kultur Interpretation. »Zeitschrift für Sozial- und Kulturwissenschaften«, 8(1), 92–108.

(2) Der in der Tradition der sprachanalytischen Philosophie sich bewegende Harry Frankfurt hält übrigens »die Autorität der praktischen Vernunft für weniger grundlegend als die der Liebe. Ich bin darüber hinaus der Ansicht, dass ihre Autorität in der Liebe gründet und von dieser abgeleitet ist. (…) Meines Erachtens ist die Quelle praktischer normativer Autorität also letzten Endes nicht die Vernunft, sondern der Wille« (ebd., S. 17). Das ist eine bemerkenswerte Auffassung, die in der Philosophie unserer Tage eher selten anzutreffen ist. Tzvetan Todorovs philosophisch-psychologische Anthropologie der Anerkennung sympathisiert mit dieser Auffassung, die vom Primat einer abstrakten Vernunft Abstand nimmt, sobald es um Fragen der Lebensgestaltung anerkennungsbedürftiger Lebewesen geht.

(3) Ausnahmen gibt es wie immer in fast allen Disziplinen und Feldern; vgl. etwa Antweiler (2009), der sich als Ethnologe auf die Suche nach »pankulturellen Kulturmustern« macht.

(4) Unterschiedliche Lebensalter oder biografische Phasen, aber auch verschiedene Kulturen und politische Gesellschaftssysteme bevorzugen entweder die Konformitätsanerkennung oder die Distinktionsanerkennung.

(5) Zum sozialtheoretischen Begriff der »Verletzungsverhältnisse« vgl. Straub, 2014a, 2014b.


Literatur
Antweiler, Christoph (2009). Was ist den Menschen gemeinsam? Über Kultur und Kulturen. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Böhme, Gernot (1985). Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. Darmstädter Vorlesungen. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Böhme, Hartmut & Böhme, Gernot (1983). Das Andere der Vernunft. Zur Entwicklung von Rationalitätsstrukturen am Beispiel Kants. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Dornes, Martin (1993). Der kompetente Säugling. Frankfurt/M.: Fischer.
Frankfurt, Harry (2007). Sich selbst ernst nehmen. Frankfurt/M.: Suhrkamp (amerik. Original 2006).
Honneth, Axel (1992). Kampf um Anerkennung. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Joas, Hans (1992). Die Kreativität des Handelns. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Joas, Hans (1999). Die Entstehung der Werte. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Kamlah, Wilhelm (1973). Philosophische Anthropologie. Sprachkritische Grundlegung und Ethik. Mannheim: Bibliographisches Institut.
Straub, Jürgen (1992). Das Handeln denken. Kreativität als Grundbegriff einer revidierten Handlungstheorie in Soziologie und Nachbardisziplinen. Handlung Kultur Interpretation. Bulletin für Psychologie und Nachbardisziplinen, 3, 113–129.
Straub, Jürgen (2012). Identität. In Ralf Konersmann (Hrsg.), Handbuch der Kulturphilosophie (S. 334–339). Stuttgart: Metzler.
Straub, Jürgen (2014a). Verletzungsverhältnisse. Erlebnisgründe, unbewusste Tradierungen und Gewalt in der sozialen Praxis. Zeitschrift für Pädagogik, 60(1), 74–95.
Straub, Jürgen (2014b). Gewaltgeschichten in Verletzungsverhältnissen. Gegenwärtige Vergangenheit, historisches Bewusstsein und interkulturelle Bildung in Migrationsgesellschaften. Ein Essay in vier Fragmenten. psychosozial, 37(2), 75–94.
Straub, J. (2015). Personale Identität und religiöser Glaube im Zeitalter der Kontingenz. In Sabine Schmitz & Tuba Işik (Hrsg.), Muslimische Identitäten in Europa. Dispositive im gesellschaftlichen Wandel (S. 99–158). Bielfeld: transcript.
Todorov, Tzvetan (1985). Die Eroberung Amerikas: Das Problem des Anderen. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Todorov, Tzvetan (1993). Angesichts des Äußersten. München: Fink (franz. Original 1991).
Todorov, Tzvetan (2010). Die Angst vor den Barbaren. Kulturelle Vielfalt versus Kampf der Kulturen. Hamburg: Hamburger Edition (franz. Original 2008).
Tomasello, Michael (2010). Warum wir kooperieren. Berlin: Suhrkamp.
Tomasello, Michael (2011). Die Ursprünge der menschlichen Kommunikation. Berlin: Suhrkamp.

Tzvetan Todorov im Psychosozial-Verlag:

Abenteuer des ZusammenlebensTzvetan Todorov
Abenteuer des Zusammenlebens
Versuch einer allgemeinen Anthropologie
EUR 24,90

Als grundlegendes Merkmal der menschlichen Existenz bezeichnet Tzvetan Todorov das unaufhebbare Angewiesensein des Subjekts auf Anerkennung durch andere. Er beschreibt die Gefahren, die in einem übermäßigen Drang nach Selbstverwirklichung und Autonomie liegen, und ersetzt die Klage über den Gegensatz zwischen Individuum und Gesellschaft durch einen Entwurf gemeinsamen Lebens, in dem Uneigennützigkeit und persönliche Erfüllung Hand in Hand gehen. [ mehr ]

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