Aktuelles
Tzvetan Todorov ist gestorben
Der bulgarisch-französische
Gesellschaftsanalyst, Literatur- und Sprachtheoretiker Tzvetan Todorov verstarb
wenige Tage vor seinem 78. Geburtstag.
Todorov wurde 1939 in Sofia geboren. Mit 23 Jahren verließ er Bulgarien und
ging nach Paris, wo er bis zu seinem Tod lebte. Todorov lehrte an zahlreichen
Universitäten, so an der New York University, der Columbia University, der
Harvard University, der Yale University und der University of California,
Berkeley. Er erhielt mehrere Preise und Auszeichnungen, war Mitglied der
American Philosophical Society und der American Academy of Arts and Letters
sowie Offizier der französischen Ehrenlegion.
Jürgen Straub würdigt Tzvetan Todorov in seinem Nachwort zur
Neuauflage von »Abenteuer des Zusammenlebens«, das wir anlässlich des Todes von
Todorov hier veröffentlichen.
Mensch zu sein will
Anerkennung
– Tzvetan Todorovs anthropologischer Versuch über die Conditio
humana (1)
»Es gibt kein Glück außerhalb der Liebe, doch die Liebe ist
sterblich.«
Tzvetan Todorov
Wohl kaum eine der unvergänglichen Fragen erscheint uns
›natürlicher‹ als jene nach dem spezifisch Menschlichen an unserem Dasein. Auch
wer davon Abstand genommen hat, seinesgleichen eine ›absolute Sonderstellung‹
im hierarchischen Reigen der Gattungen zuzuschreiben, wird nicht auf
Unterscheidungen verzichten wollen. Unter den Antworten, die das Eigentümliche
der ›Conditio humana‹ zu erfassen versuchen, gibt es bekanntlich einige, die
die Tätigkeit des Unterscheidens selbst mit ins Zentrum der Aufmerksamkeit
rücken. Die Fähigkeit zumal, Unterschiede nicht nur wahrnehmen und festlegen, sondern
auch reflektieren, modifizieren und begründen zu können, zeichnet den Menschen
aus. Menschen unterscheiden unentwegt, und sie tun dies in verschiedenen
sensorischen Registern und mit allen verfügbaren Mitteln der Vernunft. Sie
unterscheiden sich tagtäglich voneinander und sie heben sich alle miteinander
von anderen Lebewesen ab – ohne dabei unbedingt anthropozentrisch werden und
sich an die Spitze der Geschöpfe im ›Garten Eden‹ setzen zu müssen, obwohl
gerade dies in vielen Anthropologien zweifellos der Fall war (und noch immer
vorkommt).
Eine weitverbreitete, keineswegs nur in den Kulturen des
Abendlands geläufige Antwort auf die Frage nach dem spezifisch Menschlichen am
Menschen hebt darauf ab, dass die Orientierungs- und Handlungsfähigkeit des »interpretierenden
Tiers« (Friedrich Nietzsche) ein außerordentlich komplexes Symbolsystem
voraussetzt. Der Mensch als ›Animal symbolicum‹ (Ernst Cassirer) müsse, so
heißt es allenthalben, zuvorderst von seinem ›Sprachvermögen‹ her aufgefasst
werden (obwohl weder Nietzsche noch Cassirer die Symbolisierungsfähigkeit auf
dieses Vermögen reduzierten, sondern die an leibliche Ausdrucks- und
Wahrnehmungsleistungen gekoppelte, ›präsentative‹ Symbolik zu Recht schätzten
und würdigten: Menschen verlassen sich eben auch auf ihr ›leibliches‹
Gedächtnis und Gespür; sie verständigen sich mit Gebärden und Gesten aller
Art). Wohl niemand wird es bestreiten: Der Mensch ist nicht allein, aber doch
auch ein Lebewesen, das, ist es erst einmal über ein bestimmtes Alter hinaus, in
der Sprache zu Hause ist. Zwar wird der Mensch just in diesem Zuhause niemals
mehr ganz heimisch, ermöglicht doch gerade das Sprechen jene reflexive
Abstandnahme, die der Unmittelbarkeit des bloßen Draufloslebens einen kräftigen
Strich durch die Rechnung macht. Wer zu sprechen vermag, kann sich – im Prinzip
von allem und jedem – distanzieren, auch vom eigenen Selbst. Das eröffnet
ungeheure Möglichkeiten, versagt aber auch ein unverbrüchliches
Sich-heimisch-Fühlen. Der mit dem Sprachvermögen verwobene Verlust an
Vertrautheit und Geborgenheit verschafft zugleich eine verlockende Erweiterung
des Horizonts. In anderen Worten: Menschen können ›sich selbst ernst nehmen‹
(Frankfurt, 2007), sie können also fragen, was sie mit ihrem Leben denn
eigentlich anstellen wollen, was sie in der Vergangenheit daraus gemacht haben
und was sie künftig noch so vorhaben.
Erst sein Sprachvermögen, das in tausend verschiedenen
Sprachen Gestalt annehmen kann, gewährt dem Menschen die Freiheit, sein Leben,
zumindest in den Grenzen des Menschenmöglichen, selbstständig zu führen.
Traditionell gilt als höchstes Prinzip einer autonomen Lebensführung die
Vernunft. Der Mensch ist, wie die althergebrachte Bestimmung lautet, das ζῷον λόγον ἔχον (zõon lógon échon), das ›Animal
rationale‹ – obschon unser aller Existenz auch noch auf eine »Sprache des
Herzens« hört, in der wir unserer »Befähigung zur Liebe« Ausdruck verleihen
können (Frankfurt, 2007, S. 1). Das ist zumal in einer sozialen Praxis, in der
die wechselseitige Anerkennung von verschiedenen Menschen und ihren mitunter
heterogenen Lebensformen auf dem Spiel steht, ebenso wichtig wie die
»Direktiven des Kopfes«. Wir wollen in dieser Praxis einigermaßen ›richtig
liegen‹, schreibt Frankfurt, und das heißt auch: Wir möchten möglichst gut miteinander
auskommen, voneinander lernen und aneinander wachsen können: »Von der Vernunft
und der Liebe – den Direktiven von Kopf und Herz – erwarten wir, dass sie uns
am effektivsten dabei helfen können, dieses Ziel zu erreichen« (ebd., S.
16).(2) Im Übrigen kann man ganz generell sagen – und dadurch den gerade in den
abendländischen Kulturen vielleicht noch immer allzu leicht überhandnehmenden
Logozentrismus in seine Schranken verweisen –, dass Menschen in ihrem Leben und
Streben durch das »Andere der Vernunft« (Böhme & Böhme, 1983) ebenso stark
geprägt sind wie durch die rationale Orientierung am Wahren, Guten und Schönen.
Wir wissen heute um die Mängel und Grenzen jeder
logozentrischen Antwort auf die Frage nach der ›Conditio humana‹. Selbst wer
Sprache und Vernunft als Vermögen betrachtet, die differenziert bestimmt und im
Übrigen nicht einfach einer vorsprachlichen und arationalen Leiblichkeit
gegenübergestellt werden können, hat noch keine Garantie dafür, dass er den
richtigen Weg eingeschlagen hat und zum ›Kern des Menschlichen‹ vordringen
wird. Todorov bestreitet die Bedeutung der Sprache und Vernunft für eine
triftige Artikulation der ›Conditio humana‹ keineswegs. Und doch setzt er ganz
anders, man möchte sagen: viel tiefer an, als es eine auf das Sprach- und
Vernunftvermögen konzentrierte Anthropologie je könnte. Dazu denkt Todorov den
Menschen eben nicht vornehmlich von seinen spezifischen Vermögen und
Leistungen, sondern eher von dem her, was er so sehr braucht und worum sich
folgerichtig in jedem Leben fast alles dreht: Anerkennung, so lautet Todorovs
Schlüsselwort, mit dem er sich den Grundstrukturen unserer Existenz nähert.
Selbstverständlich sind Anerkennungsverhältnisse in eine menschliche Welt
eingebettet, die als sprachliche und sprachlich vermittelte Praxis eines
Lebewesens begriffen werden muss, das ein reflektiertes Verhältnis zu sich
selbst, zu seinesgleichen und seiner Umwelt ausbildet und sein Leben auf dieser
Grundlage zu führen bemüht ist. Erfahrene oder versagte Anerkennung prägt den Heranwachsenden
jedoch, und zwar lange bevor dieser imstande ist, Worte zu vernehmen, zu
verstehen und selbst auszusprechen, von der Rezeption, Reflexion und Produktion
komplizierterer Äußerungen und symbolischer Ausdrucksgestalten gar nicht zu
reden.
Um Anerkennung geht es, so Todorov, in jedem menschlichen
Leben von Anfang an – und bis zu seinem Ende. Darüber vermag nichts und
niemand, auch keine der klassischen Antworten auf die Frage nach der ›Conditio
humana‹, hinwegzutäuschen. In gewisser Hinsicht bricht Todorov mit der Mehrzahl
dieser Antworten, den neuzeitlichen zumal, radikal. Was er nämlich vehement
ablehnt, ist der implizite Individualismus oder Solipsismus und dessen
normative Auszeichnung, die mit der Abwertung und Ablehnung des anderen und der
Vorstellung des von anderen abhängigen, in Gemeinschaft und Gesellschaft
lebenden Menschen einhergeht. Aus der traditionellen Miss- und Verachtung des
anderen wird in den Händen Todorovs ein Plädoyer für jene Aufmerksamkeit,
Achtung und Anerkennung, ohne die jedes menschliche Antlitz den Ausdruck des
Lebendigen verlöre. Die für viele Philosophen und Wissenschaftler – seltener
für Philosophinnen und Wissenschaftlerinnen – so hehre Vorstellung nicht bloß
elitärer, sondern solitärer Gipfel der Unabhängigkeit und einsamer Größe, die
das »sich selbst verwirklichende« Subjekt im unentwegten Kampf gegen den Rest
der Welt erkämpft und bewahrt, erscheint Todorov als empirisch haltloser,
verführerischer und fader Mythos oder auch als ideologisches Phantasma, das einzelne
reihenweise in eine sinnlose Jagd nach Unerreichbarem verwickelt – und sie
dabei um jenes Glück betrügt, welches allein das Abenteuer des Zusammenlebens
bieten kann.
Dort, in den unlösbaren psychosozialen Abhängigkeiten und
den praktischen Interdependenzen, liegen die Quellen von Erfahrungen, die zur
Bestimmung eines jeden Menschen gehören – lange bevor ein einzelner »ich« zu
sagen vermag oder gar »ich denke«! Letztlich bleibt dem Menschen, so hat es
Norbert Elias einmal gesagt, nichts als der Mensch. Dieses »letztlich« hat
dabei keinen temporalen Sinn (auch wenn vielen diese Tatsache spät, allzu spät
gewahr wird): Die Einsicht, dass die Menschen in einem nicht marginalen Sinn
unweigerlich aneinander gebunden und von der Achtung und Anerkennung des anderen
abhängig sind, gilt, phylogenetisch und ontogenetisch betrachtet, ohne jede
zeitliche Einschränkung. Das erste und letzte Wort im Leben eines Menschen hat
nicht er selbst. Das völlige Verschwinden der anderen aus dem eigenen Leben
käme einer radikalen ontologischen Verunsicherung, letztlich einer Nihilierung
des Selbst gleich. Das war und ist immer und überall so. Und daran wird sich
auf absehbare Zeit auch nichts ändern – nicht einmal in einem allenthalben
imaginierten, post- oder transhumanistischen Zeitalter. Anerkennung ist und
bleibt das Schlüsselwort für die zutiefst soziale Existenz von Menschen, die
dank ihrer komplexen Symbolsysteme hochgradig differenziert und sensibel
aufeinander reagieren können. Die subtilsten Zeichen und leisesten Anzeichen
versagter Anerkennung können hier zu Verletzungen geraten, die die missachteten
oder verachteten, verkannten oder einfach nicht wahrgenommenen Personen
empfindlich treffen. Das gilt nicht nur in Zeiten der Not, in denen Menschen in
besonderer Weise auf andere angewiesen und von ihnen abhängig sind. Es gilt
immer und überall, von den Kindheitstagen bis zum letzten Atemzug des oder der
Sterbenden. Anerkennung ist zwar nicht alles, worauf es im menschlichen Leben
ankommt, aber ohne Anerkennung ist letztlich alles nichts. Das ist für Todorov
eine unumstößliche Erfahrung und universale Einsicht.
Wer heute eine Behauptung mit allgemeinen Geltungsansprüchen
verknüpft, muss mit Skepsis und sogar damit rechnen, dass seine Ausführungen
allein wegen dieses Anspruches mit leichter Hand vom Tisch gewischt werden.
Egal, wie gelehrt, scharfsinnig und neunmalklug einer dann noch daherreden mag:
Der Anspruch, über und für alle Menschen zu sprechen, hat, so flüstert uns der
Zeitgeist auch noch des jungen 21. Jahrhunderts zu, noch jedes philosophische,
sozial- und kulturwissenschaftliche Unternehmen blamiert. »Allgemeine
Anthropologie – nein danke!«, so scheint es aus allen Ecken und Enden zu
tönen,(3) und wenn schon Anthropologie, dann wenigstens »historische«,
»kulturelle«, »soziale« oder, zur Not, auch »philosophische« Anthropologie,
insofern sich alle diese Spielarten von vornherein zu ihren standort- und
perspektivenabhängigen Grenzen bekennen. Der über seine eigenen Anmaßungen und
Fehltritte aufgeklärte philosophisch-anthropologische Diskurs der
neuzeitlichen, okzidentalen Welt unserer Tage spricht dann eben vom »Menschen,
der wir sind«, also etwa vom modernen Menschen der durch Wissenschaft, Technik
und Industrialisierung geprägten (westlichen) Welt (Böhme, 1985; Kamlah, 1973).
Diese Bescheidenheit signalisiert Geschichtsbewusstsein und Sensibilität für die
mitunter abgrundtiefe Verschiedenheit der Kulturen, ihre in keinem universalen
Sprachspiel aufzuhebende Heterogenität.
Todorov ist diesbezüglich etwas weniger zurückhaltend. Er
kündigt bereits im Untertitel des Buches und sodann noch einmal im ersten Absatz
an, dass er sich ganz aus der Reserve hat locken lassen: Jede allgemeine
Anthropologie formuliert eine komplexe Vorstellung, »die man sich vom Menschen
als Gattungswesen macht und die den verschiedenen Gebieten der
Humanwissenschaften, den moralischen oder politischen Diskursen sowie der
Philosophie zugrunde liegt« (S. 7). Nicht eben bescheiden, dieses Programm
einer auf das weite Feld der Philosophie und »Menschenwissenschaften«
zugeschnittenen Kritik impliziter Definitionen des Humanen einerseits, einer
universell gültigen Artikulation der ›Conditio humana‹ andererseits. Man darf
jedoch gleich hinzufügen, dass Todorov zu jenen wahrlich interdisziplinär
arbeitenden, mit großer Souveränität Grenzen überschreitenden, theoretische
Perspektiven integrierenden und methodische Verfahren wechselnden Gelehrten
gehört, denen man ein derartig ambitioniertes Projekt zutraut. Berühmte Studien
wie »Die Eroberung Amerikas: Das Problem des Anderen« (Todorov, 1985) oder
»Angesichts des Äußersten« (Todorov, 1993) sowie dutzende weiterer Bücher
begründen dieses Vertrauen und machen neugierig auf das »Abenteuer des
menschlichen Zusammenlebens«.
Der Essay, in dem der Autor sein Programm einer allgemeinen
Anthropologie der Anerkennung einzulösen versucht, ist ein Meisterstück.
Eindrucksvoll ist unter anderem, wie gut es jemandem gelingen kann, eben nicht
bloß Etiketten wie »Interdisziplinarität« oder »Transdisziplinarität« auf ein
Fähnchen zu schreiben, das schon bei einem aufkommenden lauen Lüftchen in alle
Winde verweht. Todorov arbeitet und denkt ohne jede Rücksicht auf
konventionelle disziplinäre Grenzziehungen und erklärte Zuständigkeiten (obwohl
er natürlich weiß, wann und warum und wozu er das Feld wechselt). Dabei
schreibt er in einer ungemein ansprechenden, klaren Sprache, die keine
terminologischen Verrenkungen und geheimnisvollen Spezialdiskurse kennt. Erneut
glückt ihm der Nachweis, den er bereits in anderen Schriften in
außergewöhnlicher Weise zu erbringen vermochte: Wissenschaftliche oder
pseudowissenschaftliche Jargons sind noch längst kein Zeichen intelligenten
wissenschaftlichen Denkens. Der Seitenhieb gegen jene Kollegen, welche ihre
berufliche Laufbahn ganz der bisweilen etwas ulkig wirkenden Anstrengung
verschrieben zu haben scheinen, einen Jargon adaptieren und beherrschen zu
können, darf freilich nicht davon ablenken, dass Todorov seine Anthropologie im
Gespräch mit den spezialisierten Disziplinen entwickelt. Ihnen das
Existenzrecht abzusprechen, käme ihm ebenso wenig in den Sinn wie die
Entwicklung einer allgemeinen Anthropologie, die nicht die neuesten
Erkenntnisse der Philosophie und der empirischen Wissenschaften integriert
hätte.
Nicht genug, dass Todorov zwischen den Disziplinen hin- und
hergeht, wie es ihm gerade angebracht und nützlich erscheint. Er hält auch
nichts von Grenzen zwischen Diskursgenres und bezieht sich auf die schöne
Literatur, wie es ihm beliebt. Auch literarische Werke sind eben eine Fundgrube
für denjenigen, der der ›Conditio humana‹ auf die Spur kommen will, unbeschadet
der Tatsache, dass es naiv wäre, der Literatur einen Charakter zuzuschreiben,
wie ihn (unmittelbar) referenzielle (empirische) Aussagen besitzen. Die
innovative Kreativität der poetischen Sprache führt bisweilen zu Einsichten, um
die sich der wissenschaftliche Diskurs, einschließlich des philosophischen,
vergeblich bemüht, solange er sich als bloßes Gegenteil literarischer
Einbildungskraft (miss-)versteht. Solche Einsichten sind auf den evozierenden
Wortgebrauch der Literatur sowie auf ihre Geschichten und Beispiele dringend
angewiesen.
Todorov ist kein Provokateur. Er überschreitet traditionelle
Grenzen der Forschung und des Denkens, sobald es die interessierende Sache
nahelegt, vielleicht unumgänglich macht. Warum sonst sollte man die Mühe auf
sich nehmen, in Fachgebiete auszuschweifen, aus denen man nicht kommt und in
denen man nicht (gleich) zu Hause ist, im Falle Todorovs also vor allem ins
Feld der Psychoanalyse (sozialer Beziehungen) und der Psychologie, speziell der
Entwicklungspsychologie des Kleinkindes. Vor diesen Ausflügen in die
empirischen Disziplinen, die den allgemeinen Anthropologen mit Beobachtungen
und theoretischen Anregungen versorgen sollen, wirft der Autor einen Blick
zurück auf die Geistesgeschichte der okzidentalen Welt (sodass sein
anthropologischer Entwurf, das muss man sagen, schon ein wenig eurozentrisch,
in den Grenzen der ›westlichen Welt‹ beheimatet bleibt). Was er dort sieht,
klassifiziert Todorov in der überwiegenden Mehrheit als Spielarten jener
»asozialen Denkströmungen«, welchen er in seinem Buch das Wasser abgraben
möchte.
Uns allen ist die Vorstellung der egoistischen, aggressiven,
destruktiven Natur des Menschen geläufig. Philosophische und wissenschaftliche
Texte präsentieren überaus häufig ein Menschenbild, das von der Notwendigkeit
menschlichen Zusammenlebens kurzerhand absieht (oder diesen Zug der
menschlichen Natur zumindest drastisch unterschätzt und unterbelichtet lässt).
Diese schlechte Abstraktion findet sich, wie Todorov zeigt, bei den bedeutenden
Moralisten der französischen Klassik, die zwar sehen, dass das wirkliche Leben
sozial verfasst ist, dafür aber auch – gerade wegen dieser Sozialität – von
allerlei Illusionen, Täuschungen und Betrugsmanövern durchtränkt. Das
erstrebenswerte, hehre, ideale, wahre – und im Grunde genommen »wirklichere« –
Dasein findet dagegen in einsamer Höhe statt. Es ist freilich nur gottähnlichen
Wesen möglich, die der oberflächlichen und schnöden Welt der anderen, in der
sich das Gerede und die Eitelkeiten in die Hände arbeiten, radikal entsagen. Das
ist zugestandenermaßen schwer, jedoch, so glauben viele, durchaus möglich und
am Ende lohnenswert. Montaigne, La Bruyere, Pascal stoßen ins selbe Horn, wenn
sie »die erste individualistische Konzeption« des Menschen propagieren.
Wirkungsmächtiger waren freilich die (politischen und
psychologischen) Stimmen eines Machiavelli und Hobbes, die als »emblematische
Vertreter« individualistischen Denkens gelten dürfen: Der Mensch ist ein
Einzelgänger und Egoist, der die anderen allenfalls braucht, um sie für seine
Zwecke benutzen zu können. Alles Anderslautende sei Schein und Heuchelei, ein
strategischer Tribut an die herrschende (christliche) Moral.
»Selbstgenügsamkeit und Autarkie«, das ist für diese Autoren kein bloßes Ideal
mehr, sondern nackte Wirklichkeit: Davon kann und muss ausgegangen werden, wird
behauptet. Wer dem egoistischen Streben im Weg steht, wird zu spüren bekommen,
was die (angeblich) allgemeine Erfahrung seit Langem lehrt: Homo homini lupus
est. Das sei ein bis heute eingeschliffenes, in psychologischen und politischen
Theorien fest verwurzeltes Vorurteil, diese amoralische Auffassung des Menschen
– so konstatiert Todorov lapidar. Die Mehrzahl aller impliziten Anthropologien
teile die Vorstellung vom Menschen als einem solitären Wesen, dem angeblich
nichts so feindlich gesinnt ist wie der Nächste. Ein Heer aus asozialen,
selbstsüchtigen Egozentrikern und Egoisten, allesamt nur auf den eigenen
Vorteil und die Maximierung des persönlichen Nutzens aus: So erscheint die
Menschheit im Denken der Philosophie und Humanwissenschaften, egal, ob sodann
dafür plädiert wird, diese menschliche Natur und Neigung zu bändigen, zu
zügeln, Gesetzen und Regeln zu unterwerfen und in sozialverträgliche Bahnen zu
lenken (z.B. von Hobbes, La Rochefoucauld, Kant), oder ob der selbstsüchtige,
rücksichtslose Hedonist, der seine aggressiven und destruktiven Potenziale
hemmungslos gegen die anderen einsetzt, in Lobliedern auf den »Starken«
glorifiziert und verherrlicht wird (zum Beispiel bereits bei den
Enzyklopädisten und Materialisten: Helvetius, Diderot, Holbach; sodann freilich
bei den Apologeten asozialer Exzesse im Dienste einer als brutale
Selbstentgrenzung angelegten Selbstverwirklichung und Selbsterkenntnis: de
Sade, Nietzsche, Bataille).
Der Mensch erscheint hier und in aller Regel als Wesen, das
den anderen lediglich, ja bestenfalls, erträgt (und notgedrungen vielleicht
sogar seine Gesellschaft sucht), weil und insofern er für die Erfüllung
eigener, selbst-, herrsch- und habsüchtiger Interessen nützlich, in gewisser
Weise unabdingbar ist. Erfüllte der andere diesen Zweck nicht, bestünde kein
Grund und keinerlei Notwendigkeit, sich gesellig zu geben. Der andere wäre
abkömmlich. Todorov braucht nur wenige Zeilen, um darzulegen, wie sehr diese
ganze Argumentation in der Luft hängt und von Ängsten zehrt, mit denen sie fest
rechnet. Er macht klar, dass sich heute niemand mehr beeindrucken lassen muss
von der über Jahrhunderte hinweg gängigen und effektheischenden Strategie
angeblich nüchterner, rationaler »Aufklärer«, welche die Natur der bösen
Einzelgänger unerschrocken erkannten und anerkannten, ohne zu den als naiv
gebrandmarkten Illusionen vom ›guten Menschen‹ Zuflucht zu nehmen. Die
Argumentationsstrategie ist bekannt: Schon Hobbes zeichnet zunächst ein Bild
sozialer Beziehungen, das (ziemlich unrealistisch) ganz durch »Großherzigkeit
und Nächstenliebe« geprägt ist. Damit ist der Popanz geschaffen, der gebraucht
wird: Dann nämlich »beginnt man in einem zweiten Schritt mit der
Desillusionierung und reißt der Tugend die Maske herunter. Diese Geste ist für
uns umso überzeugender, als sie eben nicht als Schmeichelei erscheint (…).
Unversehens bleibt man nach der Zurückweisung eines zu wohlwollenden
Menschenbildes mit der Idee eines egoistischen Einzelwesens zurück. In Gesellschaft
zu leben ist tugendhaft, die Tugend aber ist ein Trugbild, folglich ist der
Mensch asozial« (S. 16). Dieser suggestiven Deutung setzt Todorov eine
Vorstellung des Menschen entgegen, die differenzierter, empirisch allemal
überzeugender ist. Das Bild, das Todorov vom Menschen zeichnet, ist fein
ziseliert, von Grausamkeit und Gewalt ebenso beseelt wie von Güte und
Gewährenlassen. Es bedarf keiner wirklichkeitsfernen Idealisierung und
irreführenden Illusion, enthält sich aber auch jenes kaltschnäuzigen Bluffs,
der als mutiger Realismus daherkommt und den Menschen überaus einseitig als
bedrohliches Ungetüm porträtiert, das den anderen partout nicht wohlgesonnen
ist.
Todorov sieht das, nach seinem ausgiebigen Streifzug durch
die Wissenschaften unserer Zeit, anders: Die Natur des Menschen ist eben nicht
so, dass es da von Anfang an und immerfort etwas zu bändigen gäbe. Der Mensch
ist vor allem kein solitäres, sondern ein soziales Lebewesen, das des anderen
bedarf. Ohne den differenten anderen gibt es kein Selbst und keine Identität,
ja nicht einmal das nackte Überleben. Diese uns Heutigen durchaus geläufige,
wenngleich keineswegs in allen sozial- und kulturwissenschaftlichen Theorien
gebührend berücksichtigte Einsicht verteidigt Todorov gegen den Großteil überkommener
Menschenbilder. Als revolutionärer Anreger und Kronzeuge für die »alternative«,
gegen die asoziale Konzeption gerichtete Auffassung des Menschen fungiert dabei
Rousseau. Bei ihm sieht Todorov die eigentliche Weichenstellung für eine
soziale Anthropologie, welche die Geselligkeit nicht scheel beäugt und
abwertet, sondern als konstitutives Merkmal des Menschen begreift. Dazu muss
man Rousseau, den Liebhaber der Zurückgezogenheit und der einsamen Stunden,
zwar von naheliegenden Missverständnissen befreien. Dann jedoch tritt umso
klarer hervor, wie sehr erst er den Menschen konsequent als soziales Wesen
denkt und diese Sozialität, gegen anderslautende Bestimmungen, rehabilitiert
und nobilitiert.
Unvoreingenommene Betrachtung und Beobachtung führen Todorov
zum Entwurf einer realistischen, erfahrungsgesättigten Anthropologie, die den
asozialen Fantasien der Tradition den Rang streitig macht. Rousseau liefert
dafür die Stichworte und Begleitmusik, die moderne Psychoanalyse und
Entwicklungspsychologie bieten das empirische Fundament und die theoretischen
Beschreibungsmittel, die es gestatten, genauer zu erfassen und zu analysieren,
wovon jede(r) zumindest eine Ahnung hat: Wer von den anderen völlig aus seinem
Blickfeld verbannt wird, wer also keinerlei Beachtung mehr findet und
allenfalls noch auf Verachtung trifft, verwirkt sein Dasein. Es ist der auf
mich gerichtete Blick der anderen – vielleicht eines »generalisierten Anderen«
(George H. Mead) oder »Überadressaten« (Bachtin) –, der mich zum Menschen, zu einem
bestimmten Menschen zumal, macht. Das ist unweigerlich so, obwohl wir, worauf
etwa Sartre hinwies, wissen, dass dieser Blick nicht harmlos ist und auch seine
Schattenseiten hat. Mitunter ist es gut und sogar überlebensdienlich, sich dem
Blick bestimmter anderer entziehen zu können. Das ist freilich oft schwer,
leider. Sich aus dem Blickfeld aller anderen zu begeben, ist schlechterdings
unmöglich – und auch nicht ratsam, solange Menschen auf Beachtung, Achtung und
Anerkennung sind.
Was aus einem wird, wird durch die anderen bestimmt, an
deren Reaktionen auf ihn er sich selbst erkennt. Die Beziehungen zu ihnen
»erweitern das Selbst und machen es keineswegs geringer« (S. 27). Andere können
einen einschränken, zweifellos. Zuvorderst beschenken sie ihre Mitmenschen und
Nebenmenschen mit Möglichkeiten, die ohne sie ganz undenkbar wären – und gar
nicht so selten tun sie dies aus freien Stücken und sogar mit Freude. An
Beziehungen haftet kein unabweisbarer Ruch der Eitelkeit und des egoistisch
oder narzisstisch motivierten Missbrauchs der anderen. Sie sind, lange bevor
sie Verderbtes sein und bringen können, etwas schlicht Notwendiges, eben
Menschliches. Und sie drehen sich eben um das Bedürfnis nach Beachtung, Achtung
und Anerkennung, dieses einzigartige und tiefste Bedürfnis, das »der
Wahrheitsgrund aller an¬deren« ist (S. 29). Das klingt in den Ohren mancher
vielleicht pathetisch, ist es aber nicht. Todorovs Worte zeugen freilich von
der Macht eines Pathos, welches das Leben mit Abhängigkeiten versorgt – und uns
zumal an die Angewiesenheit auf die anderen erinnert, sei es im Guten, sei es
im Schlechten. Wie wir leben und was wir erleben können, verdankt sich gerade
auch sozialen Abhängigkeiten, in denen passive Vorgänge des Erleidens und
aktives Handeln eng ineinander verzahnt sind.
Der Mächtige, der Reiche, der Leistungsmotivierte etc., sie
alle hecheln im Grunde genommen nicht nach Macht, Geld und eindrucksvollen
Hervorbringungen eigenen Tuns, sondern nach Beachtung, Achtungsbezeugung und
dem anerkennenden Blick des anderen. Machttheorien singen ein Lied davon, und
Murray, McClelland, Atkinson und all die anderen Psychologinnen und
Psychologen, die sich eingehend mit dem Leistungsmotiv befassten – dem in der
zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts in der akademischen Psychologie wohl am
intensivsten erforschten Motiv –, sahen genau, worum es stark
leistungsmotivierten Personen im Grunde genommen – und sogar unbewusst –
wirklich geht: Sie wollen Stolz empfinden können. Dieses soziale Gefühl aber
lebt bekanntlich ganz und gar von der Beachtung, Achtung und Anerkennung durch
die anderen.
Todorov argumentiert auf einer Textbasis, die sich in den
Breitengraden der abendländischen, im Wesentlichen der modernen westlichen
Kultur bewegt. Deren anthropologischen Individualismus und Solipsismus
bezichtigt er, die Realitäten zu verkennen. Dazu bietet er eine Alternative an,
die es ermöglichen soll, den Menschen, sein Tun und Lassen, seine Wünsche und
Begehren, Versagungen und Leiden besser zu verstehen. Todorov führt uns die projektiven
Anteile einer unhaltbar universalisierenden Interpretation des Menschen vor
Augen, die schon im ersten Schrei des Neugeborenen bloß die Affirmation einer
vom konkreten anderen unabhängigen Freiheit, Autonomie und Autarkie erkennen
mag (Kant) und das Saugen an der Mutterbrust als ein gegen die
Nahrungsspenderin gerichtetes, kannibalisches Verhalten dramatisiert und in
grandioser Einseitigkeit verkennt (Freud). Wo die unterschiedlichsten
Repräsentanten dieses einäugigen Blicks nur von der asozialen Natur eines im
innersten Kern solitären, rücksichtslosen und aggressiven Wesens reden, dessen
böser Egoismus durch die moralische Sozialisation und Enkulturation gebändigt,
sublimiert und in sozialverträgliche Bahnen gelenkt werden müsse, sieht Todorov
genauer hin und erkennt Interaktionen im Zeichen der Kooperation und der Liebe.
Bevor er seine Beobachtungen darlegt und sich die Zustimmung
der zeitgenössischen Entwicklungspsychologie und psychoanalytischen
Beziehungsforschung einholt, lässt er zunächst Rousseaus Entdeckung und ihre
Weiterentwicklung bei Adam Smith (dem Ökonomen und Theoretiker des Mitgefühls)
sowie ihre Reduktion bei Hegel (der Rousseaus »Achtung« und Smith’ »Beachtung«
in höchst einflussreicher Weise als »Anerkennung« bezeichnet; vgl. auch
Honneth, 1992) Revue passieren. Hegel rückt den Begriff der Anerkennung zwar
ins Zentrum seiner sozialtheoretischen Bestimmung der ›Conditio humana‹,
schränkt ihn in seiner Bedeutung aber drastisch ein: Er macht aus den
Anerkennungsverhältnissen, um die es auch Rousseau und Todorov geht,
unverzüglich eine Arena des unerbittlichen Kampfes zwischen Individuen, denen
es letztlich nur darum zu tun ist, »sich den anderen, alle anderen, (zu)
unterwerfen, durch ein negierendes, zerstörerisches Tun« (Hegel). Das führt in
die von Hegel so meisterhaft entfaltete Paradoxie und Aporie, da ein als
Machtkampf angelegtes Ringen um Anerkennung notwendigerweise zum Scheitern
verurteilt ist: Der Besiegte erhält ohnehin keine Anerkennung, und die vom
Sieger erkämpfte und erzwungene ist nichts wert, da sie von einem Besiegten
stammt. Allein, das Leben ist nicht nur und schon gar nicht von Anfang an eine
Kampfarena, ein »Boxring« (Todorov) für machtdurstige Männer. Das erwartete,
das neugeborene und heranwachsende Kind muss nicht unentwegt mit Harken und
Schlägen rechnen, die auf Unterwerfung zielen (obwohl es das gibt, wie zahllose
bittere Kindheiten bezeugen). Generell gilt: Die Anerkennungsverhältnisse, in
die ein Kind eingebunden ist, sind keine Kampfbeziehungen. Die Existenz des
Individuums als spezifisch menschliches Wesen beginnt nicht auf einem
Schlachtfeld, sondern »im Erheischen des mütterlichen Blicks durch den Säugling
– eine sehr viel weniger heroische Situation« (S. 39). Man wird ergänzen
dürfen, dass schon sehr frühzeitig auch der väterliche Blick gesucht werden
mag, und umgekehrt die alten und zumal die ›neuen Väter‹ die Augen des Kindes
suchen, um Beachtung, Achtung und Anerkennung zu schenken und zu empfinden.
Es ist auf merkwürdige Weise ernüchternd und belehrend, wie
Todorov genau jenen, welche, angeblich getrieben von ihrer schonungslosen
Wahrheitsliebe, aus dem menschlichen Antlitz eine ganz auf Kampf eingestellte
Fratze machen, »eine Überanstrengung der Einbildungskraft« vorhält. So kehrt er
die Rollen, an die wir uns so sehr gewöhnt haben, kurzerhand um und schiebt den
schwarzen Peter der projektiven Verklärung denjenigen zu, die angetreten sind
und noch heute antreten, um unser Selbstverständnis von jeglicher Naivität zu
befreien. Und von diesen erbarmungslosen »Aufklärern«, deren Theorien schon
deswegen richtig zu sein scheinen, weil sie so hart und unbequem sind und
keinerlei Trost versprechen, gibt es (nach Hegel) noch eine ganze Reihe. An
berühmten Beispielen analysiert Todorov: die klassische Psychoanalyse
Freud’scher Prägung, die bereits den neugeborenen Menschen als eine rohe,
»wilde Bestie, der die Schonung der eigenen Art fremd ist« (Freud), betrachtet,
als ein böses Triebwesen, dem die (gute) Kultur Triebverzicht abzuverlangen
hat; Alfred Adlers Ansatz, der die stärkere Betonung (des Ideals) der
Sozialität letztlich der (vermeintlich realistischeren) theoretischen
Vorstellung eines nach Überlegenheit strebenden, machthungrigen, egoistischen
Einzelwesens unterordnet; Bataille endlich, der (im Anschluss an de Sade und
auch an Blanchot) von der »Urtatsache der absoluten Einsamkeit« ausgeht,
wenngleich er in seiner antagonistisch-dualistischen Konzeption auch die
angeborene Geselligkeit des Menschen erkennt. Bataille zeichnet in radikaler
Weise ein Bild vom sogenannten »souveränen« Menschen, »für den der einzelne
nicht mehr zählt« (Bataille), kommt er doch allenfalls noch als Werkzeug des
eigenen Willens in Betracht. Wer auf die anderen angewiesen ist, verrät
Kleinmut und Feigheit; er zeigt die für die Masse so typische »Schafsschwäche«,
die bereits Nietzsche verächtlich machte. Gewiss, auch Bataille gelangt zu
einem Schluss, der die Souveränität (wie Hegel das Schicksal der »Herren«) in
trübem Licht erscheinen lässt, da die souveränen Menschen am Ende selbst Opfer
ihrer radikalen Negation, Versklavung und Vernichtung der anderen werden. Der
sich verausgabende, sich über alle Grenzen hinwegsetzende, sich erschöpfende
Sadist ist von Anfang an ein Masochist; seine Schläge sind vom ersten Moment an
Eruptionen der Selbstverneinung und Selbstzerstörung, die allenfalls als Akte
der Selbstbehauptung getarnt sind oder missverstanden werden. Wie dem auch sei,
es ergibt sich auch hier das Bild eines asozialen, »souveränen« Wesens, dessen
exzessive Gewalt gegen die anderen zu bezeugen scheint, dass er ihrer nicht
bedarf.
Bekanntlich gab und gibt es Einsprüche gegen die skizzierte
Anthropologie. Feuerbach, Buber, Bachtin, Levinas und Habermas etwa haben je
auf ihre Weise die Sozialität als ein Faktum betrachtet, an dem keine
anthropologische (und darauf aufbauend: philosophische, sozial- und
kulturwissenschaftliche) Theorie vorbeikommt, die sich mit der Existenz, mit
dem Denken, Fühlen, Wollen und Handeln des Menschen befasst. Und
selbstverständlich gibt es auch psychologische und psychoanalytische Ansätze,
die Todorovs sozialtheoretisches Anliegen einer »relationalen« Bestimmung der
›Conditio humana‹ stützen. Ferenczi, Alice und Michael Balint oder Winnicott,
Melanie Klein und Fairbairn, Fromm, Horney oder Sullivan und andere haben
entsprechende Arbeiten vorgelegt, und besonders die neuere
Entwicklungspsychologie kann mit Erkenntnissen aufwarten, welche die
merkwürdige, gewiss erklärungsbedürftige Blindheit der »asozialen« Ansätze klar
als solche zu erkennen geben. Einschlägige Arbeiten bewegen sich im Feld der
Säuglingsforschung (Dornes, 1993) und lassen auch sonst kein Stadium einer
Kindheitsentwicklung aus, in der schon sehr frühzeitig Ansätze »geteilter
Intentionalität« und sozialer Kooperation im Medium einer dialogischen und
diapraktischen Kommunikation zu verzeichnen sind (Tomasello, 2010, 2011).
Todorov behandelt den kühnen Pionier und großen
Schriftsteller Freud übrigens mit Respekt – was ihn nicht davon abhält, dessen
Theorie in fast allen wesentlichen Teilen als unhaltbar und überholt zu
erklären und ad acta zu legen. Wem nichts an Hagiografie liegt, wird Todorov in
vielen Punkten Recht geben. Seines Erachtens muss man eben ganz anders ansetzen
(oder aber Freud anders lesen und auslegen, was allerdings nur teilweise zu
rechtfertigen wäre). Bei Todorov wird Freuds dualistische Triebkonzeption durch
ein dreigliedriges Modell ersetzt, das neben einem Seinstrieb, den der Mensch
mit aller Materie gemeinsam hat, einem mit allen Lebewesen geteilten
Lebenstrieb, der auf das Stillen von Hunger und Durst sowie auf Wohlbefinden zielt,
noch einen spezifisch menschlichen Daseinstrieb kennt, der sich darauf gründet,
»daß wir Mängelwesen und von Natur aus gesellig sind« (S. 68). Der Mensch als
kosmisches, animalisches und soziales Wesen – so lautet die Formel, an der sich
die ›neue‹ Anthropologie orientiert.
Nun, an dieser ›Ersetzung‹ kann gewiss einiges kritisiert
werden. So muss man sich etwa fragen, wieso der Triebbegriff überhaupt
beibehalten wird und was er – im Unterschied zu Freuds
(ökonomisch-energetischer, dynamischer und topischer) Idee eines Grenzbegriffs,
der in eigentümlicher Weise ›zwischen‹ dem Somatischen und dem Psychischen
angesiedelt wird – eigentlich genau bedeuten soll (in welchem Theorierahmen?).
Fraglich ist prinzipiell, ob die »Dreiheit« von Sein, Leben und Dasein
zustimmungsfähige Unterscheidungen und ein tragendes Fundament der neuen
Anthropologie und Psychologie abgeben kann. Der Übergang von Freuds Ansichten
zum neuen Modell scheint mir ohnehin etwas abrupt geraten, da dieses Modell
mitnichten den Anspruch erheben kann, es an Komplexität mit der Freud’schen
Psychologie des Unbewussten aufnehmen zu können. Nun, das ist wohl auch nicht
Todorovs Anliegen, geht es ihm .ja ›lediglich‹ um eine Art Kompensation
verbreiteter Defizite in der anthropologischen Grundlegung von
Fachwissenschaften wie der Psychologie, nicht aber um eine Psychologie an sich.
Die Nähe zu dieser Disziplin und speziell die ausführlichere Auseinandersetzung
mit Freud wirft jedoch Fragen auf, auf die Todorovs Modell Antworten schuldig
bleibt. So bleibt nicht zuletzt etwas im Dunkeln, ob die Unterscheidung
zwischen Bewusstem und Unbewusstem (und Vorbewusstem) weiterhin gültig bleibt –
Todorov verwendet sie öfters – und welchen genauen Sinn sie fortan besitzen
soll (bzw. durch welche verwandten Vorstellungen sie gegebenenfalls zu ersetzen
wäre). Generell scheint mir das Verhältnis zwischen Anthropologie und
Psychologie nicht hinreichend geklärt.
Zurück zum Anliegen der Anthropologie: Nachdem die
Grundthese im zweiten Teil des Buches geklärt wurde, macht sich Todorov an
entwicklungspsychologische Spezifizierungen und, im dritten Teil, an weitere
diagnostisch-analytische sowie begriffliche Differenzierungen. Die
entwicklungspsychologischen Darlegungen fassen zusammen, was einschlägige
Forschungen für das Thema hergeben (bzw. vor etwa 20 Jahren hergaben; seither
sind auch in diesem Feld weitere, höchst bemerkenswerte Fortschritte erzielt
worden). Sie werfen Licht auf den Werdegang von Individuen, die mit dem
Bedürfnis nach den anderen und deren Blick, nach Kontakt und Anerkennung zur
Welt kommen und zeitlebens darauf aus sind, es in allmählich komplexer
werdenden, stets aber äußerst vielfältigen Interaktionen zu befriedigen.
Todorov präsentiert ein einfaches Stufenmodell, das darlegt, in welchen Schritten
das vor sich geht. Für ihn ist dabei klar, dass versagte, unzulänglich
erfahrene oder unangemessene Anerkennung die zentrale Quelle von Leid und
psychopathologischen Störungen bildet. Je früher hier Versagungen und
Versäumnisse auftreten, desto tiefer und nachhaltiger sind die Verletzungen des
betroffenen Individuums. Zudem gilt, dass das in Anerkennungsverhältnisse
eingebundene Abenteuer des Zusammenlebens fortwährt bis zum Tod. Das Kind, das
aus der anfänglichen totalen Abhängigkeit herauswächst, gelangt auch als
Erwachsener niemals zu absoluter Unabhängigkeit. Der Erwachsene existiert in
einem Feld neuer und sich wandelnder Abhängigkeiten, die allemal auch das nie
versiegende Bedürfnis nach Anerkennung signalisieren. Nicht zuletzt die ›schöne
Literatur‹ ist, wo sie die bittersten Momente im Leben von Individuen
beschreibt, voll von einfühlsamen Porträts, die sterbende Menschen auf ein
achtsames und anerkennendes Wort zumindest eines anderen warten lassen –
vielleicht vergeblich, sodass das versiegende Leben unerfüllt bleibt. Eine
ähnliche Verletzung mögen Hinterbliebene erleiden, wenn sie auf ein
versöhnliches oder verständiges Wort des Sterbenden warten, ein letztes Zeichen
der ersehnten Anerkennung. Versagte Beachtung, Achtung und Anerkennung gibt allemal
den Stoff für Tragödien her.
Das Bedürfnis nach Anerkennung ist vielgestaltig und erfährt
ganz unterschiedliche Behandlungen und Befriedigungen, vor allem in engeren
Verhältnissen der Koexistenz. Anerkennung kann materiell oder immateriell sein,
in hierarchische oder egalitäre Beziehungen eingebettet, direkt oder indirekt;
man kann bewusst oder unbewusst nach ihr verlangen, sie mit rationalen oder
irrationalen Mitteln einfordern, sie durch konformistische Anpassung, durch
Angleichung und Übereinstimmung erlangen oder aber durch individualistische
Abhebung, Abgrenzung und Unterscheidung.(4) Höchst bedeutsam ist die
Differenzierung zweier Formen der Anerkennung, die diese insgesamt als einen
zweistufigen Prozess erscheinen lässt: Die Anerkennung im engeren Sinn
bescheinigt dem Individuum seine Existenz, nimmt ihn als existierend wahr; die
Bestätigung stellt eine Wertschätzung dar. Bestätigung setzt Anerkennung im
engeren Sinn voraus. Wird jemand als nicht existent wahrgenommen, einfach
ignoriert, so ist er »bloß Luft« für die anderen. Diese radikale Entwertung
kommt einem vernichtenden Angriff auf sein Selbst gleich, ist also weitaus
schlimmer als die durch Mangel an Bestätigung erfahrene Verwerfung. »Keinen
Freund und nicht einmal einen Feind zu haben – das ist die wahre Hölle, die
alle Qualen der fühlbaren Vernichtung eines denkenden Wesens in sich faßt«,
schrieb einst Karl Philipp Moritz. Wegen der erläuterten Beziehungen kann man
sagen: Anerkennungsverhältnisse sind in Verletzungsverhältnisse eingebettet und
›vice versa‹.(5)
Bei aller Vielgestaltigkeit geht es stets um denselben Kern,
der allen Modalitäten der Anerkennung eigen ist und der die Anerkennung zu
einem universalen Bedürfnis des Menschen macht – und nicht bloß zu einem
Anliegen der Angehörigen westlicher, moderner Gesellschaften, die sich, wie
manche meinen, ohnehin allzu sehr um ihr Selbst sorgen. Ebenso allgemeingültig
ist die Einsicht, dass es immer und überall Mittel und Wege gab und gibt, den
unerfüllten Anspruch auf Anerkennung (psychodynamisch) abzuwehren, das
ungestillte Bedürfnis sowie Kränkungen und Enttäuschungen durch Notbehelfe
wettzumachen. Todorov listet einige solche Palliative auf und widmet sich
Strategien der sozialen Abwehr, die Sigmund Freud Sedativa, Adler
Kompensationen, Anna Freud Abwehrmechanismen, Fontane Hilfskonstruktionen und
Sartre den Balsam der Seele nannte. Ausnahmslos haben sie Notbehelfe im Blick,
welche die nach Anerkennung dürstenden Individuen über erlebte Versagungen und
Verletzungen hinwegtäuschen, sie kurzfristig trösten oder betäuben, die
letztendlich jedoch nichts nützen, ja, die Sache bloß verschlimmern. Niemand
kommt ganz ohne solche Strategien und Manöver aus, durch die er sich und den
anderen etwas vorgaukelt, um mit den alltäglichen Nöten zurechtzukommen. Die
Listen und Selbstmanipulationstechniken, um sich in die illusionäre Welt eines
nur scheinbar, behelfsmäßig und notdürftig erfüllten Daseins zu hieven, sind
unzählig und unerschöpflich.
Todorov hat selbstverständlich kein Patentrezept für ein
gelingendes, erfülltes Dasein, und er weiß nur allzu gut, dass es ein schmaler
Grat ist, auf dem Anerkennungsverhältnisse praktisch glücken (können). Doch
zieht er sich, nachdem er psychosoziale Abwege und Irrwege des Strebens nach
Anerkennung analysiert hat, keineswegs mit dem billigen Spruch aus der Affäre,
es müsse am Ende halt jede(r) selbst wissen, wie es denn besser gehen könnte
(als im Drogen- oder Konsumrausch etc.). Bevor ich auf seine Vorstellung
gelingender Anerkennungsverhältnisse eingehe, sei gesagt: Todorov ist kein
Missionar, kein Moralapostel und kein Oberlehrer, der anderen Vorschriften
auferlegen und gutgemeinte Ratschläge erteilen möchte. Was Todorov anbietet,
ist etwas ganz anderes. Es ist eine Lektüreerfahrung, welche die Leserschaft
mit dem Gebrauch der phronetischen Urteilskraft und psychologisch-praktischen
Vernunft eines Autors bekannt macht, der alltägliche Erfahrungen, wie sie jede
und jeder machen kann und allenthalben macht, subtil analysiert, reflektiert
und eben daraus seine Schlüsse zieht. Bei alledem befindet er sich
ununterbrochen im Dialog mit jenen Wissenschaften, die sich für die Bearbeitung
der gestellten Aufgaben als hilfreich erweisen. Was dabei herauskommt, sind
keine substanziellen Anweisungen für die »richtige« Daseinsführung.
Das stünde im Übrigen in krassem Gegensatz zu der im
gesamten Buch präsenten Einsicht, dass wir unser Dasein nur sehr bedingt selbst
in der Hand haben. Todorovs eindringlicher, bei aller Kritik dennoch stark
durch die Psychoanalyse geprägter Blick auf das Kind und seine sozialen
Bindungen macht klar, dass die Existenz des einzelnen von Anfang an in
wesentlichen Hinsichten von anderen abhängt und zeitlebens von ihnen und ihrem
Wohlwollen zehrt. Unsere Möglichkeiten der Selbstbestimmung müssen demnach nicht
zuletzt im Zuge einer psychischen Verarbeitung eines zunächst von den anderen
geprägten Daseins entwickelt werden. Was einer solchen Entwicklung dienlich und
was ihr abträglich ist, das allerdings lässt sich der Analyse einschlägiger
Erfahrungen, Erwartungen und Orientierungen, Handlungen und Haltungen durchaus
entnehmen, jedenfalls in groben Zügen. Phronetische Vernunft und praktische
Klugheit bis hin zur erfahrungsabhängigen Lebensweisheit sind keineswegs
Handlanger für Leute, die Luftschlösser bauen möchten.
Todorov ist, wie gesagt, kein moralisierender
Tugendprediger, und das ist gut so. Auf einer ganz anderen Ebene liegt der
folgende Einwand: Ich glaube, dass Todorov allzu sehr von den normativen
Voraussetzungen und Implikationen der Schlussfolgerungen, die er aus seinen
(psychologischen) Analysen zieht, absieht, sie bisweilen unterschlägt, wo sie
fast mit Händen zu greifen sind. Gewiss, Todorov hält sich in seinen
Betrachtungen unseres abenteuerlichen Zusammenlebens strikt an intersubjektive
Erfahrungen, an das, was wir alle mehr oder minder kennen, artikulieren oder
zumindest nachvollziehen können, wenn wir davon hören oder es als Lektüre
vorgesetzt bekommen. Sein Versuch einer allgemeinen Anthropologie steht auf
einem festen empirischen Fundament, und zwar auch dann noch, wenn er am
Leitfaden von individuellen Exempeln und Geschichten, die er ja nicht selten
Romanen entnimmt, sowie typisierenden Vergleichen schließlich allgemeine
Einsichten in die Entstehung und Struktur eines von Anerkennung erfüllten und
in diesem Sinne gelingenden Daseins einerseits, einer von Leid, Gewalt und
Unglück durchzogenen Existenz andererseits entfaltet. Allein von empirischen
Analysen, theoretischen Verallgemeinerungen und Argumenten lebt dieser Versuch
jedoch keineswegs. Man kann nämlich genetische, strukturelle und funktionale
Aspekte unterschiedlicher Lebens- bzw. Daseinsformen aufzeigen, solange man
mag: Der von Todorov nahegelegte und sein ganzes Unternehmen motivierende –
gleichsam in einer vorausentworfenen Retrospektive auf die möglichen Ergebnisse
der Analysen bereits gezogene – Schluss, es doch mit einem gelingenden,
erfüllten Leben zu versuchen, wird durch keinerlei empirische Argumente
aufgezwungen. Einen solchen Schluss will man ziehen oder eben nicht. Wer ihn
teilt oder zu ihm hinneigt, mag für diese Entscheidung und Neigung – wie für
die Liebe – nicht zuletzt moralisch-normative Gründe anführen, die letztlich um
die Frage nach der Vermeidung intra- und interpersonaler Gewalt kreisen.
›Rational erzwingen‹ lässt sich die praktische Sensibilität für
Anerkennungsverhältnisse und darin situierte Begehren und Verlangen nicht. Gute
Gründe, die sich in der Sprache des Kopfes und in der Sprache des Herzens für
ein möglichst gewaltarmes Leben vortragen lassen, gibt es allerdings schon.
Ich denke, man muss im Grunde genommen so argumentieren,
wenn man die besagte Schlussfolgerung ziehen und anderen nahebringen möchte.
Die theoretische und praktische Rücksichtnahme auf das allgemein-menschliche
Bedürfnis nach Anerkennung hat etwas damit zu tun, der Gewalt eine Absage
erteilen zu wollen, sie zumindest als – freilich niemals ganz auszuschaltenden
– Störenfried eines erstrebenswerten Daseins zu betrachten. Das ist eine
moralisch-normative Option, die in Todorovs durch und durch ›naturalisierter‹
Anthropologie unterbelichtet bleibt, ja sogar etwas vernebelt wird. Dies, und
nicht die Option selbst – zu der es meines Erachtens keine ›vernünftige‹ und
›ehrenwerte‹ Alternative gibt –, schwächt den vorgelegten Versuch ein wenig. Sein
Wert wird dadurch jedoch nicht um das Mindeste geschmälert.
Dies gilt speziell auch für Todorovs Versuch zu sagen, wie
Anerkennung ohne die Nachteile von »Notbehelfen« oder Palliativen erlebt werden
kann. Die Formel lautet schlicht: im Wechselspiel. Dieser Begriff soll das
»Abwechseln« – das wir von früher Kindheit an beherrschen: Jetzt bist du dran,
dann ich – sowie das komplexere, stets veränderliche »Rollenspiel« umfassen und
eine Praxis bezeichnen, die es gewährleistet, »sowohl die eigene Sozialität als
auch die Subjektivität des anderen zu akzeptieren, das ›Du‹ als dem ›Ich‹
zugleich ähnlich und komplementär anzunehmen« (S. 129). Die theoretische Idee,
das Handeln des Menschen sei durch und durch von egoistischen Interessen und
Nutzenkalkülen bestimmt, erweist sich bei näherem Hinsehen als reichlich
abstrakte Schimäre. Kaum eine Beziehung »funktioniert« so, ja nicht einmal
einzelne Dialoge könnten so verständlich gemacht oder geführt werden.
Zweifellos ist auch das Wechselspiel »kein Allheilmittel. Es paßt unsere
Bedürfnisse nach Anerkennung der Mannigfaltigkeit der einzelnen Menschen an,
welche die Gesellschaft bilden. Aber es ist selbst partiell und zerbrechlich.
Von der Notwendigkeit der Reziprozität und der Rollenverteilung auszugehen, ist
dennoch allen Notbehelfen gegen das Scheitern der Anerkennung vorzuziehen, denn
es ist wahrer. Aber damit wird nichts endgültig geregelt. Das Wechselspiel muß
in jedem Augenblick neu erfunden und von neuem begonnen werden« (S. 132f.). Es
darf als Kronzeuge der Kreativität menschlichen Handelns angesehen werden
(Joas, 1992). »Das vergangene Gespräch kann den fehlenden Dialog nicht
ersetzen. Damit sagt man nur auf eine andere Weise, daß die Menschen in der
Zeit existieren, ausschließlich und immer in der Zeit« (S. 133).
Dieser temporalen Bestimmung des Daseins trägt Todorov im
vierten Kapitel Rechnung, in dem er einen theoretischen Vorschlag unterbreitet,
die Struktur der Person zu begreifen. Im Kern teilt dieses Konzept die
Einsichten der ambitionierten Strukturmodelle der psychologischen (und
soziologischen) Moderne, die – ungeachtet sonstiger, durchaus tiefgreifender
Unterschiede – eine Person allesamt (formaltheoretisch) als Einheit ihrer
Differenzen und Synthesis des Heterogenen konzeptualisieren. Von William James
und George H. Mead bis hin zu Hans Joas, von Sigmund Freud oder Erik H. Erikson
bis hin zu Heinz Kohut und vielen anderen (die sowohl pragmatistisches als auch
psychoanalytisches Gedankengut aufnahmen und integrierten, etwa Jürgen
Habermas, Rainer Döbert und Gertrud Nunner-Winkler oder Lothar Krappmann, aber
auch Repräsentanten anderer Theorietraditionen, etwa einer Hermeneutik und
Phänomenologie, wie sie Paul Ricœur vertritt; vgl. Straub, 2004, 2012, 2015),
finden sich entsprechende Konzeptionen des Selbst bzw. der personalen
Identität. Auch Todorov sieht auf diachroner und synchroner Ebene angesiedelte
Differenzen in der Person, was nicht zuletzt heißt, dass zwei Personen in einem
Dialog gleichzeitig vielerlei Beziehungen zueinander aufnehmen: »In jedem von
uns sind immer mehrere Instanzen am Werk« (S. 135). Das Selbst begreift Todorov
metaphorisch (und topologisch) als Ort, an dem es zu vielfältigen Interaktionen
zwischen den verschiedenen Instanzen kommt – im besten Fall zu einer Synthesis
des Heterogenen (Ricœur), die Widersprüche und Widerstreit keineswegs
eliminiert (sondern in neuer Weise artikuliert).
Todorov nimmt bei der Ausarbeitung dieses Modells nicht
ausführlich auf vorliegende Theorien Bezug. Meines Erachtens gelingt es ihm
nicht, ein systematisch hinreichend durchgearbeitetes, überzeugendes
Strukturmodell der Person zu entwerfen. Als Paten für den Gedanken einer
pluralen Binnendifferenzierung des Seelischen dienen zunächst einmal so
unterschiedliche, ja schwer unter einen Hut zu bekommende Autoren wie Platon,
Aristoteles, die Stoiker, Pascal, Freud und Jung, Borges, Beckett, Proust und
andere mehr – auf die Todorov durchweg nur kursorisch hinweist, um sich ihrer
philosophischen Überlegungen, wissenschaftlichen Modelle und literarischen Figuren
als eine Art Anschauungsmaterial zu bedienen. Dem (streckenweise sehr an Mead
erinnernden) Grundgedanken von Todorovs Psychologie der Intersubjektivität, die
das »Ich« als durch die Interaktionen mit den anderen konstituiert sieht, lässt
sich meines Erachtens nur zustimmen. Der an Proust anschließende Vorschlag, die
Minimalbesetzung der psychischen Ausstattung einer Person in den Figuren oder
Instanzen des »Selbst«, des »Herrn der Anerkennung« und des »Objektes der
Begierde« zu sehen, überzeugt mich dagegen nicht. Die Begründung für dieses
Modell, dass es nämlich »eine gewisse intersubjektive Wahrheit« besitze und
obendrein gestatte, »unzählige einzelne Situationen darzustellen, mithin
unzählige Schilderungen zu geben« (S. 146), wirkt allzu sehr als Notnagel. Was
ich in den anderen Teilen des Buches als Stärke eines interdisziplinär
Denkenden wahrnahm, der sich empirischer Erkenntnisse oder theoretischer
Hypothesen und Modelle aus verschiedenen Disziplinen meisterhaft bedient,
empfand ich in diesem Teil bisweilen als argen »Baukasten-Eklektizismus«, der
ohne hinreichend durchsichtige Absicht und theoretische Stringenz auszukommen
versucht.
Da vervielfältigt sich das Selbst (in ein archaisches und
reflektiertes, retrospektives und antizipierendes, ein positives, negatives und
ideales etc., schließlich ein – terminologisch nach allen vorgenommenen
Differenzierungen sehr unglücklich geratenes – »umfassendes Selbst«), ohne dass
das (empirische) Bildungs- und (theoretische) Konstruktionsprinzip dieser Multiplizierungen
hinreichend klar würde. Da helfen dann auch die oft schönen, scharfsinnigen und
anregenden Bezugnahmen auf die Literatur nicht wirklich weiter. Auch bezüglich
der anderen beiden Figuren bzw. Instanzen (s.o.) und schließlich bezüglich der
Interaktionen aller drei (im bleibenden Rahmen des »umfassenden Selbst«) gilt
ähnliches. Überhaupt unterläuft so mancher Satz in diesem Kapitel die
Subtilität und Komplexität der bislang gegebenen Beschreibungen, der
angestellten Analysen und Schlussfolgerungen. Tendenziell tautologische oder
zirkuläre Vereinfachungen ohne wirklichen Erkenntnis- oder Erklärungswert
finden sich nun schon einmal, etwa wenn es heißt: »Wenn die Antagonisten (oder
negativen Figuren) über die Protagonisten (oder positiven Figuren) die Oberhand
gewinnen, ist die Geisteskrankheit nicht mehr weit. Wenn sich das negative
Selbst mit einem schlechten Herrn der Anerkennung verbindet, sind dem
Verfolgungswahn und der Paranoia Tür und Tor geöffnet« (S. 157).
Das Schlusskapitel bietet dann noch einmal jenen Genuss, den
der größte Teil des Buches beschert. Todorov denkt das gelingende Leben nun
nicht mehr allein von der Anerkennung her. Es gibt neben dem Glück, das die
Koexistenz mit anderen (im positiven Fall) bereithält, eine ganz unmittelbare
Erfüllung durch (kreative) Tätigkeiten, aber auch durch widerfahrnisartige
Erlebnisse beispielsweise angesichts des Schönen in der Natur oder Kunst. Hans
Joas (1999) würde in solchen Zusammenhängen von Erfahrungen der Selbsttranszendenz
sprechen. Solche Tätigkeiten und Erlebnisse schenken das Gefühl der Präsenz und
Lebendigkeit, ohne dass es hierzu ›unbedingt‹ des anderen bedürfte. Ohne Urteil
des anderen und auch ohne Selbstbeurteilung sind solche Tätigkeiten und Erlebnisse
Zweck an sich und Beweis des Daseins: »Die Erfüllung schließt den Prozess der
Anerkennung kurz und enthält in sich ihren eigenen Lohn« (S. 164). Wie treffend
ist nicht zuletzt, was Todorov über den paradoxen Charakter der Erfüllung
schreibt: »(D)as Ich scheint darin vergessen und geht doch bereichert daraus
hervor« (S. 166). Und schließlich trifft es zu, dass Koexistenz und Erfüllung
einander nicht ausschließen und nicht einmal als Gegenteile oder Gegenpole
gedacht werden können, sind sie beide doch gleichermaßen notwendige
Bestandteile einer von der Sozialität her zu denkenden ›Conditio humana‹. Sie
unterscheiden sich allein durch das Vorhandensein bzw. Fehlen einer (sozialen)
Vermittlung, können also als transitive bzw. intransitive Weisen, da zu sein und
zu empfinden, verstanden werden.
Am Ende des Buches erinnert Todorov (noch einmal) an zwei
Autoren, deren theoretische Texte besonders eindringlich und eindrucksvoll die
menschliche Sozialität ins Zentrum rücken und allen individualistischen
Konzeptionen des Menschen eine radikale Absage erteilen. Etwa zur selben Zeit
wiesen George H. Mead und Michael Bachtin darauf hin, »daß wir unseren Körper
niemals ganz sehen können. Diese Teilansicht verkörpert anschaulich unsere
konstitutive Unvollständigkeit, unser Bedürfnis nach anderen, um unser
Selbstbewußtsein zu begründen und folglich auch unser Dasein« (S. 168). Das
gilt für den geselligen Menschen ebenso wie für denjenigen, der ein
zurückgezogenes Dasein vorzieht. Das Gespräch mit den anderen bricht für jene
Lebewesen, die als Menschen zur Welt kamen, zeitlebens nicht mehr ab. Eine
Person kann die Worte, die sie an die anderen richtet, für sich behalten und
sich ganz verschließen. Das völlige Verstummen des an die anderen gerichteten
Wortes markiert jedoch eine Grenze des menschlichen Daseins und Lebens. Der
Mensch ist nicht nur, wie Sartre sagte, zur Freiheit verdammt, sondern auch und
vor allem anderen zu einer Existenz, die ohne andere nicht denkbar ist. Mit den
anderen zu sein, neben ihnen und gegen sie, ist unausweichlich. Rousseau, dem
Todorovs schöner und bereichernder Essay mehr verdankt als jedem anderen Autor,
soll auch hier noch einmal zu Wort kommen: »Unser süßestes Dasein ist relativ
und kollektiv, und unser wahres Ich ist nicht ganz in uns. Kurz, der Mensch in
diesem Leben ist so eingerichtet, daß man nie zum rechten Genuß seiner selbst
ohne Zutun der anderen gelangen kann« (S. 169).
Wer von der Selbstverwirklichung des Individuums oder vom
Fortschritt der Gesellschaft redet und dabei »das hedonistische Prinzip der
Lustmaximierung oder das utilitaristische Ideal des größten Glücks für die
größte Zahl von Menschen« (S. 170) zum Dreh- und Angelpunkt seiner
Handlungsanalysen macht, verkennt oder verkürzt die Sozialität des menschlichen
Daseins. Todorov erinnert in seinem Essay alle Individuen, aber auch die
Gesellschaft und die Politik daran, dass das Ziel des Menschen nicht in bloßer
Produktion und im Konsum besteht, sondern in der Beziehung zu anderen Menschen.
Wer diese schlichte, aber wesentliche Einsicht aus dem Blick verliert und die
Verarmung der Kommunikation zwischen Menschen billigend in Kauf nimmt oder
betreibt, bekommt eines Tages die Rechnung serviert. Der herrschende
Individualismus ist Todorov (wie den Kommunitaristen, ungeachtet ihres Variantenreichtums)
ein Dorn im Auge. Das Bedürfnis nach anderen hinter sich zu lassen, hieße sich
selbst und das menschliche Dasein zu verkennen. Sozialität ist weder gut noch
schlecht, sondern schlicht unumgänglich. Egoismus und Altruismus unterscheiden
sich stets innerhalb des für das Dasein konstitutiven Rahmens der Sozialität.
Die anderen sind im Grunde genommen keine Hindernisse auf dem Weg zur
Selbstverwirklichung des Einzelnen; sie sind vielmehr der einzige Weg zu ihr,
selbst wenn sie uns mitunter stören und diesen Weg versperren. Ganz ohne sie
geht es nie und nirgends.
Eine allgemeine Anthropologie als Apologie der Liebe? Träumt
dieser Mann, der so beredt gegen die »individualistische Illusion« zu Felde
ziehen und von »Fürsorge und Anerkennung, Zusammenarbeit und Nacheifern,
Wettstreit und (…) inniger Verbundenheit mit anderen« als Quellen des Glücks
und der Erfüllung schwärmt, vielleicht doch? Ist er, der anderen unentwegt ihre
angeblichen Illusionen vorhält, womöglich nicht ganz von dieser Welt? Weiß und
sieht er denn nicht, dass die anderen unleugbar die Hölle sein können? Ist er
taub gegen die Stimmen in unserem ›Jahrhundert vernichtender Gewalt‹?
Verstummen in einer Anthropologie der Anerkennung nicht nur die gemarterten und
getöteten Körper, die zerschundenen Seelen und zerrissenen Zeugnisse über das
Leid in den Lagern, die doch geradezu paradigmatisch dafür geworden sind, was
Menschen von Menschen alles angetan werden kann? Will uns Todorov in
Verklärungen einlullen und die Einsichten wirklicher Aufklärung vergessen
machen? Manche Leserin und mancher Leser wird so oder ähnlich fragen. Diese
Fragen gehen, wie ich meine, ins Leere. Nicht allein, dass in Todorovs Büchlein
ebenso viel vom Leid durch versagte oder falsche Anerkennung die Rede ist wie vom
Glück durch erhaltene und ge¬währte – wobei er obendrein hervorhebt, dass
selbst das im günstigen Fall erlebte Glück eine ganz und gar labile,
zerbrechliche, vergängliche Angelegenheit ist. Ein anderer Sachverhalt verdient
hier ebenfalls Erwähnung: Tzvetan Todorov (1993) hat uns selbst auch einige
nüchterne und ernüchternde Einblicke in die Abgründe der gegen die
Menschlichkeit und Menschheit gerichteten Lager der Nationalsozialisten und der
stalinistischen Kommunisten eröffnet. Der vorliegende Versuch über das
Abenteuer des menschlichen Zusammenlebens liest sich, jenseits von Illusionen
und Verklärungen, wie ein Nachwort zu diesem Buch über ein Leben und Dasein
»angesichts des Äußersten«. Selbstverständlich kann die Abhandlung über
Anerkennung ebenso gut als Vorwort zu allen Büchern Todorovs gelesen werden,
die von exzessiver oder subtiler, bereits verübter oder gerade befürchteter
Gewalt in allen ihren Formen handeln. Dazu zählen auch jüngere Publikationen
eines gelehrten Wissenschaftlers, der in seiner Wahlheimat Frankreich längst
auch als ›Public intellectual‹ wirkt und seine Stimme erhebt, um sich in
allgemeine Angelegenheiten einzumischen. Er tut das zum Beispiel ebenso
umsichtig wie scharfsinnig, wenn er (2010) die grassierende »Angst vor den Barbaren«
unter die Lupe nimmt und auch in diesem Kontext eine politische Klugheit
beweist, die einem Zeitalter, das radikalisierte Formen der Toleranz bitter
nötig hat, bestens zu Gesicht stehen.
Jürgen Straub
(1) Der vorliegende Beitrag ist eine leicht bearbeitete
Fassung eines Rezensionsaufsatzes, der anlässlich der 1996 im Wagenbach Verlag
erschienen deutschsprachigen Ausgabe von Todorovs Buch publiziert wurde:
Handlung Kultur Interpretation. »Zeitschrift für Sozial- und
Kulturwissenschaften«, 8(1), 92–108.
(2) Der in der Tradition der sprachanalytischen Philosophie
sich bewegende Harry Frankfurt hält übrigens »die Autorität der praktischen
Vernunft für weniger grundlegend als die der Liebe. Ich bin darüber hinaus der
Ansicht, dass ihre Autorität in der Liebe gründet und von dieser abgeleitet
ist. (…) Meines Erachtens ist die Quelle praktischer normativer Autorität also
letzten Endes nicht die Vernunft, sondern der Wille« (ebd., S. 17). Das ist
eine bemerkenswerte Auffassung, die in der Philosophie unserer Tage eher selten
anzutreffen ist. Tzvetan Todorovs philosophisch-psychologische Anthropologie
der Anerkennung sympathisiert mit dieser Auffassung, die vom Primat einer
abstrakten Vernunft Abstand nimmt, sobald es um Fragen der Lebensgestaltung
anerkennungsbedürftiger Lebewesen geht.
(3) Ausnahmen gibt es wie immer in fast allen Disziplinen
und Feldern; vgl. etwa Antweiler (2009), der sich als Ethnologe auf die Suche
nach »pankulturellen Kulturmustern« macht.
(4) Unterschiedliche Lebensalter oder biografische Phasen,
aber auch verschiedene Kulturen und politische Gesellschaftssysteme bevorzugen
entweder die Konformitätsanerkennung oder die Distinktionsanerkennung.
(5) Zum sozialtheoretischen Begriff der
»Verletzungsverhältnisse« vgl. Straub, 2014a, 2014b.
Literatur
Antweiler, Christoph (2009). Was ist den Menschen gemeinsam?
Über Kultur und Kulturen. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Böhme, Gernot (1985). Anthropologie in pragmatischer
Hinsicht. Darmstädter Vorlesungen. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Böhme, Hartmut & Böhme, Gernot (1983). Das Andere der
Vernunft. Zur Entwicklung von Rationalitätsstrukturen am Beispiel Kants.
Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Dornes, Martin (1993). Der kompetente Säugling.
Frankfurt/M.: Fischer.
Frankfurt, Harry (2007). Sich selbst ernst nehmen.
Frankfurt/M.: Suhrkamp (amerik. Original 2006).
Honneth, Axel (1992). Kampf um Anerkennung. Frankfurt/M.:
Suhrkamp.
Joas, Hans (1992). Die Kreativität des Handelns.
Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Joas, Hans (1999). Die Entstehung der Werte. Frankfurt/M.:
Suhrkamp.
Kamlah, Wilhelm (1973). Philosophische Anthropologie.
Sprachkritische Grundlegung und Ethik. Mannheim: Bibliographisches Institut.
Straub, Jürgen (1992). Das Handeln denken. Kreativität als
Grundbegriff einer revidierten Handlungstheorie in Soziologie und
Nachbardisziplinen. Handlung Kultur Interpretation. Bulletin für Psychologie
und Nachbardisziplinen, 3, 113–129.
Straub, Jürgen (2012). Identität. In Ralf Konersmann
(Hrsg.), Handbuch der Kulturphilosophie (S. 334–339). Stuttgart: Metzler.
Straub, Jürgen (2014a). Verletzungsverhältnisse.
Erlebnisgründe, unbewusste Tradierungen und Gewalt in der sozialen Praxis.
Zeitschrift für Pädagogik, 60(1), 74–95.
Straub, Jürgen (2014b). Gewaltgeschichten in
Verletzungsverhältnissen. Gegenwärtige Vergangenheit, historisches Bewusstsein
und interkulturelle Bildung in Migrationsgesellschaften. Ein Essay in vier
Fragmenten. psychosozial, 37(2), 75–94.
Straub, J. (2015). Personale Identität und religiöser Glaube
im Zeitalter der Kontingenz. In Sabine Schmitz & Tuba Işik (Hrsg.),
Muslimische Identitäten in Europa. Dispositive im gesellschaftlichen Wandel (S.
99–158). Bielfeld: transcript.
Todorov, Tzvetan (1985). Die Eroberung Amerikas: Das Problem
des Anderen. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
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Tzvetan Todorov im Psychosozial-Verlag: