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Die Sexualwissenschaft fällt ihrem Siegeszug zum Opfer
Die Sexualwissenschaft fällt ihrem Siegeszug zum
Opfer
In den sechziger Jahren entstand auf dem Grenzgebiet
zwischen Soziologie, Psychologie und Medizin die moderne
Sexualwissenschaft: Ihren Vertretern gelang es den
Widerspruch zwischen individuellen Wünschen und
sozialen Normen genau zu betrachten und zu
kritisieren.
Einer ihrer wichtigsten Verteter war der Direktor des
ehemaligen Instituts für Sexualwissenschaft der
Frankfurter Goethe-Universität, Volkmar Sigusch, der
neben empirischen Befunden auch aus seinen beruflichen
Erfahrungen schöpfen konnte: Volkmar Sigusch, der sich
1972 in Hamburg mit der weltweit ersten
Qualifikationsarbeit im Fach Sexualwissenschaft
habilitierte, hatte eine praktische Ausbildung in einer
Psychiatrie absolviert.
Die Vertreter der Sexualwissenschaften glaubten wie Freud
an die Formel von sexuellem Elend oder Glück. Daher
sahen sie eine zunehmende Unvereinbarkeit der
bürgerlichen Sexualnormen mit dem individuellen
Anspruch auf sexuelles Glück. Ihr Ziel war, in den
Worten Siguschs, die »Entpathologisierung des
Sexuellen« –indem bewusst gemacht werden
sollte, dass als »pervers« qualifizierte
sexuelle Regungen empirisch alltäglich sind.
Siguschs Institut wurde 2006 nach seiner Emeritierung
geschlossen. Die Frankfurter Klinik für Psychiatrie,
Psychologie und Psychotherapie bietet zwar ebenfalls
Beratung an, doch ist dabei wesentlich pragmatischer:
Verbesserung psychischer Adaptionsleistungen werden in den
Mittelpunkt gestellt.
Doch der Rückgang der Sexualforschung ist nicht nur
negativ zu sehen: Er reflektiert auch die Tatsache, dass
viele der von Siguschs Institut verfolgten politischen
Ziele erreicht worden sind.
Weitere Informationen:
www.faz.net
Zum Thema erschienen im Psychosozial-Verlag u.a.: